Sylvester mit Tanz und Bass

Mareks baute die Bar auf. Ein Tresen sollte den Raum teilen.

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Währenddessen überlegte ich, wie ich möglichst viele Sitzmöbel aus Paletten baue. Für die kleinen Bänke brauchte ich pro Bank genau eine Palette.

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Die härteste Nuss war die Rückenlehne für das Sofa, was am meisten Zeit in Anspruch genommen hatte. Doch das Ergebnis überzeugte durch Stabilität und Design.

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Die Party war ein Geheimtipp, von dem nicht viele wussten. Es gab keine Promo und man erfuhr nur über Mundpropaganda davon -trotzdem kamen viele Gäste. Es gab Livemusik auf drei Stockwerken. Oben, neben der Bar, lief Minimal, im Erdgeschoss, wo Tee, Saft und „Club Mate“, eine Limo, ausgeschenkt wurde, hörte man Techno und im Keller wurde zu Drum’n Bass getanzt. Die Anlagen waren, für die kleinen Räume, in denen sie standen, leicht überdimensioniert – dem entsprechend war auch der Lautstärkepegel.

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DnB-Floor
Dj Owly an den Plattentellern
Dj Owly an den Plattentellern
Minimal Floor
Minimal Floor
Dj Owly mit Equipment
Dj Owly mit Equipment

Im Keller legte mein Favorit auf. Der Sound war derart animierend, dass ich an beiden Füßen Blasen bekam. Als Helfer hatte ich natürlich eine Getränke-Flatrate, was dazu führte, dass ich irgendwann, trotz der ohrenbetäubenden Musik, auf einer Couch einschlief.

Bye bye Francesca & Diego

Nach einem Jahr EVS in Lettland, kehren Diego nach Spanien und Francesca nach Italien zurück. Zu diesem Anlass veranstaltet ihr Arbeitgeber eine kleine Abschiedsveranstaltung, zu der ich eingeladen wurde.

Mareks kam am frühen Nachmittag bereits von der Arbeit zurück und hatte Neuigkeiten mitgebracht. Als Kenner der Untergrundszene elektronischer Musik, hatte er einen Auftrag an Land gezogen. So würden wir, gegen Abend, beim Aufbau einer Drum ’n Bass Party helfen, die an Silvester stattfinden wird.

Doch zuvor wollte ich mich von Francesca und Diego verabschieden, was zeitlich gut passte, da es keine Überschneidungen gab.

Auf dem Weg zur S-Bahn kam ich am Handyladen vorbei, wo ich zwei Wochen zuvor meinen Vertrag abgeschlossen hatte und äußerte meine Kündigungsabsicht. Ich solle im neuen Jahr nochmal kommen, erklärte man mir. Im Tarif sei ein Auslands-Datenpaket enthalten, das auch in meinem Zielland gültig sei. So werde ich den restlichen Januar wohl noch davon profitieren können und meine Nummer vorerst behalten – sehr praktisch.

Der Ort war nicht leicht zu finden, sodass ich mit etwas Verspätung ankam, doch nichts verpasste. Im Flur des Gebäudes waren Fotos angebracht, die das vergangene Jahr der beiden dokumentierten. Francesca hatte außerdem einige ihrer Zeichnungen ausgestellt, von denen mir eins ganz besonders gefiel.

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In dem Video, das gezeigt wurde, demonstrierten Diego und Francesca ihre erworbenen Sprachkenntnisse und Francesca sang, mit einer ergreifenden Inbrunst, ein Lied der lettischen Folklore.

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Diego und Francesca

Dann saßen wir eine Weile beisammen und plauderten noch etwas.

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Nachdem die meisten Gäste gegangen waren, schloss ich mich Boris an und ging noch kurz mit zu Diego, der ganz in der Nähe wohnte.

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Boris und Diego

Wir hatten die selbe Richtung und so kam ich, auf dem Weg zur Haltestelle, an einem sehenswerten Bildmotiv vorbei.

Perkons, Gott des Donners
Perkons, Gott des Donners

Ich stieg früher aus dem Bus aus und suchte das Gebäude, in dem die Sylvesterparty steigen würde – ein riesiges, leer stehendes Haus, das zuvor mal irgendeine Behörde war. Ich traf alte und neue Freunde dort, die alle mithalfen die Location, innerhalb eines Tages, für die Party vorzubereiten.

Es gab so gut wie kein Material und so fuhren wir, mit einem alten VW-Bus, quer durch die Stadt, um, an verschiedenen Stellen, welches zu besorgen. Danach konnten wir endlich mit der Konstruktion beginnen.


Da die Aktion auch am darauf folgenden Tag andauerte und um den Text besser zu verteilen, schreib ich im nächsten Beitrag weiter.


 

Das war’s!

Zumindest für Lettland. Ich hab lange nachgedacht und eine Entscheidung getroffen. Ich werde die Reise im neuen Jahr fortsetzen. Wenn ich ehrlich zu mir bin, muss ich eingestehen, dass meine frühere Entscheidung über Winter hier zu bleiben, nur aus Bequemlichkeit erfolgte. Doch Bequemlichkeit ist ein Luxus, dem ich mich nicht mehr unterwerfen möchte. Bequemlichkeit macht träge und Trägheit kann ich nicht gebrauchen. Außerdem sehne ich mich nach Abwechslung, die ich hier schon länger nicht mehr erfahren habe.

Um meine Entscheidung nicht widerrufen zu können, habe ich ein Busticket gebucht, obwohl ich mich eigentlich ausschließlich mit dem Daumen fortbewegen wollte. Ich werde also für 1500 km schummeln. So kann ich dem Winter wenigstens ein Stück weit entkommen.

Damit überspringe ich zwar einige Orte, doch mein Reiseziel ist klimatisch angenehmer und somit auch im Zelt auszuhalten – zumindest in der Theorie. Was die Wirklichkeit dort für mich bereit hält, wird sich zeigen.

Das früheste Ticket war für den 07.01.  Bis dahin werde ich noch hier bleiben.

Da fällt mir gerade ein, dass ich an Weihnachten ja eine Zukunftsprognose gemacht hatte. Ich lach mich kaputt, wie zutreffend die war. Das lass ich mal lieber. Was lernen wir daraus? Man kann nicht alles planen!

War’s das?

Im Regelfall meldet sich die  Realität zurück, so auch an diesem Morgen. Die ausgelassene Stimmung war verebbt und übrig blieb das unbehagliche Gefühl, wieder hier in der Wohnung zu sein – diesmal jedoch ohne konkreten Fixtermin des Auszugs. Natürlich sagte Mareks nichts, doch ich spürte, dass er sich nicht gerade freute. Es wurde Zeit ein neues Ziel zu finden. Es gab noch drei weitere Hostels, die ich noch nicht besucht hatte. Aber zuerst noch etwas schlafen.


Ich habe das Gefühl, dass ich alles aus Lettland raus geholt habe und ich nicht viel mehr als das erwarten kann. Vielleicht wird es Zeit aufzubrechen und was wäre besser für einen Neustart geeignet, als der Jahreswechsel. Das Klima ist definitiv nicht auf meiner Seite, doch extreme Situationen erfordern extreme Maßnahmen. Deshalb werde ich wahrscheinlich etwas schummeln, was mir natürlich überhaupt nicht gefällt. Aber mehr will ich noch nicht verraten.

Kein Tag der Arbeit

Es war soweit – die Arbeit rief. Nach dem Frühstück besuchte ich einen Second Hand Laden um mir vernünftige Hosen zu kaufen. Die Angestellte meinte, dass die Länge von Ellenbogen zur Faust der Bundgröße entspricht – ich bekam nicht mal ein Bein rein. So nahm ich eine Kordhose für 3 €.

Es war erst kurz vor halb und so trank ich noch einen Kaffe, bevor ich zum Hostel ging.

Als ich dort ankam, sagte man mir, dass es am darauf folgenden Tag wohl besser sei. Ich erklärte, dass ich den Schlüssel bereits zurück gegeben hatte und nicht wüsste, was ich sonst tun solle. Daraufhin rief sie die Geschäftsleitung an und lud mich ein mir den ersten Stock anzusehen. Dort fand ich den öffentlichen Bereich mit Küche und Aufenthaltsräumen. Ich schaute mich etwas um und ging dann zur Rezeption zurück. Offenbar sei momentan doch kein Personalbedarf – voraussichtlich erst ab Februar. Ich muss mich wohl von meiner Erwartung lösen, dass Menschen ihre Aussagen auch einhalten. Man gab mir ein Zimmer für eine Nacht, Bettzeug, ein Handtuch und ein sorry. Fünf Doppelbetten, zwei Stühle und ein Tisch zierten das Zimmer. Ich bloggte etwas und stellte mich darauf ein noch weitere Hostels zu besuchen zu müssen.

In der Altstadt hatte ich wenig Erfolg. Überall der gleiche Text: im Winter nicht, gerne im Sommer. Merkwürdig, in Stockholm hatte man mir das Gegenteil erzählt. Ist das nur eine Ausrede? Mit Lügen kenn ich mich nicht so gut aus…

Mareks hatte mir den Schlüssel zurück gegeben und so ging ich zum Hostel um auszuchecken. Nebenan befand sich ein weiteres Hostel, das ich mir für den Schluss aufgehoben hatte. Da dort auch eine gut besuchte Bar dabei ist, muss man lettisch und russisch sprechen.

In der Bar traf ich Rihards, den ich auf die letzte Jam Session eingeladen hatte. Er war mit zwei weiteren Letten und einem Israeli, ein Medizinstudent, dort. Wir kamen mit einem schottischen Pärchen ins Gespräch, da sie auf der selben Uni war und sind dann alle zusammen auf Kneipentour gegangen. Mittlerweile war sie Stripperin in Glasgow und er ein Türsteher – die perfekte Klischee-Symbiose. Aber wir hatten eine Menge Spaß, auch wenn ich 70 % des schottischen Akzents nicht verstand. Und so war der enttäuschende Tag schnell vergessen.

Immer noch Weihnachten

Der Morgen danach war von Entschleunigung geprägt. Nach dem Mittagessen, das das Frühstück ersetzte, chillten wir nur rum.

Am späten Nachmittag brach ich wieder auf, während Boris joggen ging. Ich stieg am Bahnhof aus und holte einen Eimer KFC in der Altstadt. Damit lief ich zurück zu Mareks, der mir an der Tür begegnete – er wollte gerade Kipen holen.

Oben traf ich Edgars, der leicht angetrunken war und noch nie Hot Wings aus dem KFC gegessen hatte. Er entfernte die Kruste – zu meiner Freude. Wir saßen eine Weile zusammen und bald war der Tag auch schon rum.

Weihnachten in der alten WG

Boris lud mich ein die Festtage gemeinsam zu verbringen. Da seine Familie in Frankreich war, hatte er ebenfalls keine Pläne.

„Ach, was solls, heute ist Weihnachten“, dachte ich und sprang über meinen Schatten, indem ich Katie ein Geschenk machte. Ihr Gesicht zeigte ein Lächeln, was gefühlt alle Schaltjahr mal vorkommt – ein ungewöhnliches Bild.


fun fact:

Die vorherrschende Mimik, die unser Gesicht abbildet, manifestiert sich im Alter durch Falten. Glückliche Menschen haben Falten neben den Augen, während unglückliche aussehen, wie die Mutti (Merkel). 


Wir kochten zusammen ein veganes Gericht – Boris machte Soya und Katie Falafel, was sehr lecker war.

Ich blieb über Nacht, weil ich keine Motivation für den Rückweg hatte.

Frohe Weihnachten

Hohoho, Merry Christmas!

Um Dich in die richtige Stimmung zu bringen, hier ein Video:


Ich nutze die Gelegenheit um meinen Besuchern (Dir) meinen Dank auszusprechen. Ein besonderer Dank gilt denen, die auch mal kommentieren. Das gibt mir die Bestätigung, dass auch tatsächlich jemand das liest und freut mich jedes Mal, auch wenn ich nicht immer darauf antworte.


Untypischerweise eine kleine Zukunftsaussicht:

Nach den Feiertagen, beginnt ein neuer Abschnitt meiner Reise. Am 27. um 12 Uhr ist Arbeitsbeginn. Ich bin zwar überqualifiziert und unterbezahlt (das heißt überhaupt kein Geld), doch so kann ich mir wenigstens eine Legitimation für meinen Wohnraum erarbeiten und habe eine Beschäftigung. Nichts ist schlimmer als rum zu sitzen und die Zeit verstreichen zu lassen. Dafür hätte ich auch zuhause bleiben können.

Meteorologisch gesehen, muss ich wohl gute drei, besser vier Monate rum bringen, bis ich wieder im Zelt schlafen kann. Das ist die Bedingung für die Weiterreise.


Weihnachten ist langweilig. Alle sind bei der Familie und mein Datenvolumen ist fast aufgebraucht.

Fällarbeiten

Das Feuerholz neigte sich dem Ende zu und so machte ich mir zur Aufgabe neues zu besorgen. Lucavsala, mit seiner wilden Natur, ist dafür die ideale Adresse.

Das Wetter schenkte mir reichlich Regen, was mich aber nicht weiter störte. Ich stieg in den falschen Bus ein und musste weiter zurück laufen, als ich gespart hätte – auch nicht so tragisch.

Die Insel schien wie ausgestorben. Wo einem im Sommer betrunkene Russen entgegen torkelten und prinzipiell Kippen schnorrten, nun keine Menschenseele. Nur das entfernte Bellen eines Hundes ließ vermuten, dass noch jemand hier zu leben schien.

Ich hatte noch den Schlüssel für den Container im Magic Garden und rüstete mich mit Schubkarre, Axt und Säge aus. Dann fällte ich zwei Bäume, sägte sie in ofengerechte Stücke und spaltete die dicken Stämme. Dabei waren Jacke und Mütze eher ein Hindernis, da ich ganz schön ins Schwitzen kam.

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Nachdem ich den dritten Baum gefällt hatte, rief Mareks an. Das Holz sei zu nass – die daraus resultierende Rauchentwicklung würde die Wohnung unangenehm einnebeln (ich hatte ihm zuvor Bilder geschickt). Also brach ich die Aktion ab und ging zur Wohnung zurück.

Kinoabend

Im Kaņepes Kultūras centrs wurde ein Film gezeigt – wie üblich freier Eintritt. Nach einer halben Stunde Fußmarsch kam ich dort an und traf Boris, der auch wegen des Films gekommen war.

Der Saal war recht leer – nur drei Gäste außer uns. Schade, denn die Botschaft des Films kann nicht genug Menschen erreichen.

Der Titel der deutsch produzierten Dokumentation lautete: „Taste the waste“ und behandelte die Lebensmittelverschwendung der westlichen Welt – ein schockierendes Resümee. Schau Dir den Trailer an!


Es ist schon traurig, die Folgen der Arroganz unserer Überflussgesellschaft zu sehen. Frag Dich doch mal selbst, was Du schon alles weggeworfen hast, weil das Haltbarkeitsdatum überschritten war. Indem wir das tun, sorgen wir indirekt dafür, dass die Weltmarktpreise steigen, was den Hunger in der dritten Welt fördert.

Im Supermarkt werden täglich Waren, die nicht makellos sind, entsorgt. Eine Weiterverwendung als Tierfutter ist gesetzlich verboten, obwohl die reichhaltige Nahrung die Fleischqualität erhöhen würde. Grund: Angst vor Epidemien. Japan tut das übrigens und zwar sehr erfolgreich. Also wird bei uns stattdessen Soja angebaut und die „Abfälle“ werden in Gärbehälter zur Stromerzeugung geschüttet.

Es ist schon abartig. Stell Dir mal vor, was eine Mutter in Bangladesh denken würde, wenn sie das sähe…