Finnische Sauna

Es nieselte, als ich aufwachte und so blieb ich noch liegen. Als ich später mein Fotohandy holen wollte, war es nicht mehr dort. Naja, auch nur ein Gegenstand. Über einen umständlichen Workaround, kann ich dennoch Bilder machen. Nach der Aufnahme muss das Bild angesehen und gleich geteilt werden. Auf den Server damit und es ist save. Wird ein zweites Bild gemacht, überschreibt es das erste und wenn man die Anwendung schließt, sind alle weg.

Als ich am Gärtnern war, sprach ich mit einer Frau, die mir mitteilte, dass unweit der Insel eine öffentliche Sauna sei, die kostenlos wäre. So machte ich mich auf den Weg dorthin. Der Weg führte über halb abgetragene Straßen an einer Großbaustelle vorbei – niemand käme auf den Gedanken, dass man hier mehr als nur Bauschutt findet.

In der letzten Ecke, Wasser zur einen und Baustelle zur anderen Seite, sah ich eine kleine bemalte Holzhütte. Davor waren etwa 10 Leute, die auf alten Sofas, Stühlen oder gestapelten Europaletten, auf denen Teppichboden getackert war, saßen. Ich begrüßte die Runde, erklärte, dass ich von diesem Ort gehört hätte und frage, ob es tatsächlich kostenlos sei. Man bestätigte mir dies und lud mich ein zu saunieren. Ich hängte meine Kleidung an eine der Schrauben, die neben der Tür angebracht waren und trat ein. Als ich unter dem Handtuch, das (um die Hitze nicht entweichen zu lassen) in der Tür hing, hervorkam, sah ich, dass die Sauna randvoll war. Ich wollte schon wieder raus, doch die Leute rückten zusammen und so wurde noch ein Platz frei. Es kamen noch weitere Saunagäste und wieder wurde zusammen gerückt. Als die Sitzflächen endgültig belegt waren, blieben die neu Ankommenden vor der Tür stehen. Ich war verwundert, wie viele Menschen in so eine kleine Sauna passen. Die beiden Sitznieschen wurden von einem Ofen getrennt, der immer mal wieder mit Holz befeuert wurde. Hin und wieder schüttete einer eine Kelle Wasser auf den Ofen, was die gefühlte Temperatur ansteigen ließ. Dennoch fand ich, dass die Hitze etwas lasch war. Nach einer Weile ging ich nach draußen und hinter die Saunahütte. Dort führte eine Holztreppe runter ans Meer und ich sprang hinein – das nenn ich Abkühlung.

Danach setzte ich mich auf eine der Paletten und kam ins Gespräch. So lernte ich Wilhelm kennen, der mir einiges über finnische Kultur erzählte. Z. B. Dass es in Finnland rund 5 Mio. Einwohner und 2 Mio. Saunas gibt. Wer in einem Mehrfamilienhaus wohnt, hat Zugang zu einer Gemeinschaftssauna im Keller – es gibt also quasi keinen Finnen, der nicht regelmäßig sauniert.

Später fragte er mich, ob ich schon in dieser Sauna gewesen wäre und zeigte dabei auf eine kleine Hütte, die ich für einen Geräteschuppen hielt. Ich verneinte und er forderte mich auf mitzukommen. Drinnen waren nur zwei Sitzplätze und ein Ofen mit einem mächtigen Rohr, dass mit einer zerklüfteten Masse verdickt war. Die Temperatur war deutlich höher als in der großen Sauna und als er Wasser auf das Rohr kippte, musste ich meine Ohren vor der Hitze schützen. Er kippte noch ein paar mal nach und ich atmete immer schwerer – der anschließende Sprung ins Meer war ein herrlicher Moment.

Wir saßen draußen, tranken Bier (was manche auch in der Sauna taten), quatschen, zurück in die Sauna und wieder ins Meer – so kann man seinen Tag auf sehr angenehme Weise ausklingen lassen. Die Sauna hat 24 Stunden geöffnet und es gibt keinen Aufpasser. Wenn es zu kalt wird, wirft einer Holz oder schüttet Wasser nach. Man unterhält sich, trinkt Alkohol, grillt und lässt es sich gut gehen. Ich werde den Besuch an diesem Ort in meine tägliche Routine einbauen, solange ich noch hier bin. Kurz vor Mitternacht ging ich zur Insel zurück und erstellte schnell einen neuen Beitrag, damit es keine Lücke in der Chronologie gibt. Danach ging ich erschöpft zum Zelt und schlief sofort ein.

Urban Gardening in Helsinki

Ich werde nicht mehr auf Nachtragungen hinweisen, denn sie geschehen grundsätzlich, bevor ein neuer Beitrag enteht…


Der Tag gegann sonnig – keine Wolke verdeckte das Blau des Himmels. Ich holte meinen geladenen Akku aus dem Stromkasten und ging am Strand entlang. An der Trainingstation, die dort aufgebaut ist, traf ich André wieder, der gerade sein morgendliches Yoga ausübte – er kommt fast täglich hier her. Anschließend suchte ich den Lidel, von dem er mir erzählte. Etwa zehn Gehminuten von der Insel entfernt, fand ich ihn. Die Preise dort sind um einiges günstiger als im Supermarkt, den ich zuvor besucht hatte und so kaufte ich etwas mehr ein. Das Bier ist trotzdem lächerlich teuer – im Schnitt 2 € für eine Dose. Harten Alkohol bekommt man, wie in Schweden (dort „System Boulaget“) nur in staatlich kontrollieren Läden, die hier „Alko“ heißen. Eine Flasche Jägermeister 30 € – harte Bedingungen für Alkis. Aber man bekommt die kleinen Korn Fläschchen schon für 10 € 😀

Ich aß den Rest von gestern und beobachtete die Waldameisen, wie sie die Brotkrümel weg trugen. Danach ging ich an den Strand und legte mich in die Sonne. Nachmittags ist hier einiges los – es gibt sogar einen Hasselhof, doch gegen Abend ist der Strand wie ausgestorben.

Um 17 Uhr ging ich zum Gemeindegarten, wo die verantwortliche Gärtnerin alles erklärte – natürlich auf finnisch. Nach der Einführung, der ich nicht folgen konnte, sah ich einen älteren Mann, der zwei Sensen trug. Ich wusste sofort: das ist mein Werkzeug und so fragte ich ihn, ob ich ihm damit helfen könnte und nahm ihm eine ab. Von da an war ich im Arbeitsmodus und senste alles nieder, dass das hohe Gestrüpp nur so davon flog. Nachdem ich mich ausgepowert hatte und hinter mir eine ebene Fläche liegenden Grases vorfand, hängte ich die Sense zurück in den Schuppen und trank viel Wasser. Zur Belohnung durfte ich mir etwas von der Ernte nehmen. Ich nahm Salat, Dill, Radieschen, Petersilie, sowas wie Rettich nur rund, Rosenblätter und irgendwas mit Y. Heute wird mal gesund gegessen.

Alle Bilder die ich gemacht habe, haben Dateifehler – mein Handy fängt langsam an zu spinnen. Gut, dass ich in Kopenhagen ein zweites gekauft habe – das wird mein Fotohandy werden.

Um den Salat zu waschen, habe ich mir an der Freilichtbühne wieder den Eimer geborgt. Die Theaterleute waren wieder am proben, hatten aber nichts dagegen. Am Strand füllte ich Wasser in den Eimer, wusch den Salat und schnitt die Kräuter auf einer Holzbank. Danach bin ich zu dem Bistro am Zoo und fragte, ob ich etwas Dressing haben könnte. Olli war wieder da, aber ein anderer Koch. Dieser füllte etwas Vinaigrette in mein Essgeschirr und so ging ich wieder zur Freilichtbühne um den Eimer zurück zu bringen. Ich setzte mich auf einen Stein, mit Blick zur Bühne und aß die Früchte meiner heutigen Arbeit.

Zufrieden, dass ich der Gemeinde, die mich momentan beherbergt, etwas zurückgeben konnte, lief ich abermals zum Zoo und bloggte.

Helsinki Tag 3

Nachtrag und Bilder


Der Tag hat, wie vermutet, sonnig angefangen und so habe ich erstmal Wäsche gewaschen. An der Freilichtbühne, wo ich meinen Akku holte, sah ich Musikinstrumente liegen – bestimmt ist da heute was los. Von der Insel sind es nur zwei Blocks zu einem Supermarkt, wo ich Bananen, Grillwürste, Brot, Kartoffelsalat und kleine Teigtaschen, gefüllt mit einer Reismasse, kaufte. Letztere seien eine finnische Spezialität, „Karjalan Piirakka“ genannt und schmecken köstlich. Fortsetzung folgt…


Als ich die Einkäufe zum Zelt brachte, traf ich André, der, an einer Bank, gerade eine Rast machte. Er ist Vater von drei Kindern, wohnt nicht weit von Helsinki und zeltet auch sehr gerne. Er war sogar schon bergsteigen auf den Pyrenäen und hat auf einem Plateau gecampt – coole Sache.

André und ich
André und ich

Als er weiter zog, begann ich meine Feuervorbereitungen zu treffen. Da sich, bei Regen, überall Wasserstellen bilden, ertrinken viele Bäume und sterben ab. So findet man, in einem kleinen Radius, massenhaft totes Holz. Wenn man über die Felsen läuft, sieht man hier und da eine erloschene Feuerstelle, wo noch Kohle liegt. Schnell hatte ich eine kleine Tüte voll einwandfreier Holzkohle gesammelt. Statt eines Gitters, schnitzte ich mir Stöcke zurecht, auf deren angespitzten Enden ich die Würstchen aufspießen konnte. Als Zunder nahm ich Birkenrinde, die, wegen ihres hohen Ölgehalts, sofort und lange brennt – vergiss Papier…

Owly in Helsinki 6 - Feuervorbereitungen
Feuervorbereitungen

So langsam kommt der Hunger – ich werde gleich zur Feuerstelle zurück gehen. Fortsetzung folgt…


Nachdem ich meine Würstchen gebraten, das Brot getoastet und den Kartoffelsalat, der hier gewürfelt abgepackt wird, gegessen hatte, spülte ich alles mit einem Bier herunter, das ich im duty-free-shop des Fährschiffes gekauft hatte. Es ist auch noch was für morgen übrig – mehr kann ich heute wahrscheinlich nicht mehr essen.

Owly passt auf die Würstchen auf
Owly passt auf die Würstchen auf

Nach dieser schweren Mahlzeit, legte ich mich ins Zelt und schlief eine Weile. Da die Freilichtbühne in Hörweite war, wurde mein Schlaf angenehm musikalisch untermalt, weil die Musiker gerade Soundcheck machten.

Als ich aufwachte und meine letzte Wäsche vom Trocken holte, traf ich eine Frau, die mit dem Hund spazieren ging. Wir redeten ein bisschen und sie empfahl mir eine Befestigungsinsel zu besuchen, zu der man mit 3 € Fährgeld gelangen könnte. Außerdem ist ihr Mann bei den Proben fürs Theater, das in einigen Wochen stattfinden wird – das war also auf det Bühne los.

Ein Stück weiter sah ich eine Frau bei der Gartenarbeit. Ich hatte zuvor schon das Schild gelesen, das vor der Anlage steht. Hier wird urban gardening betrieben und jeder kann mitmachen.

Urban gardening in Helsinki
Urban gardening in Helsinki

So ging ich auf sie zu und fragte, wie ich mich beteiligen könnte. Morgen um 17 Uhr sei ein Meeting, bei dem alles erklärt würde. Nun habe ich meine Aktivitäten für die nächsten Tage schon mal.

Regen, Sturm und noch mehr Regen

Nachtrag und Bilder


Ich weiß nicht, warum ich nicht schon eher daran gedacht habe, doch ich werde nun damit anfangen: ab heute füge ich Links von Google Maps ein. So kann man genau sehen, wo ich gerade bin. Also, hier der erste.


Der Tag auf „Mustikkamaa Blåbärslandet“ (so heißt die Insel) fing stürmisch an. Der Wind ließ die Zeltaußenhülle erzittern und die Bäume wanken. Auch der Regen ließ nicht lange auf sich warten und so drehte ich mich mehrmals wieder um, unwillig das Zelt zu verlassen. Der Untergrund war uneben und so tendierte meine Liegeposition ständig nach rechts. Irgendwann hatte sich der Wind beruhigt und der Regen war nur noch ein Nieseln. So stand ich auf und holte meinen Akku, der, im Stromkasten, vor der Nässe geschützt war. Danach lief ich zum Eingang des Zoos. Dieser befindet sich auf der Nachbarinsel und ist über eine Brücke mit „meiner“ verbunden. In einem Bistro bekam ich einen Kaffee und einen Berliner (für 5 €…) und hatte endlich WLAN. Auf meine Nachfrage hin, ob in dem Preis auch Refill inbegriffen sei, bekam ich einen zweiten Kaffee – vermutlich aus Kulanz, was sehr nett war. Die Angestellten waren freundlich, was in Finnland wohl nicht selbstverständlich ist, wie ich an anderen Orten feststellte. Nach einiger Zeit kam Jussi, der Koch, auf mich zu und reichte mir ein Sandwich mit Tomate-Mozzarella, das ich genüsslich verspeiste.

Jussi und Olli
Jussi und Olli

Als ich mit bloggen fertig war, war es bereits nach 21 Uhr – ich hatte mich wohl sehr oft umgedreht. Hoffentlich scheint morgen die Sonne, denn ich muss dringend Wäsche waschen.

Nach meinem Blogupdate lief ich noch etwas am Strand entlang und kam später wieder an der Freilichtbühne vorbei, wo ich gleich einen Eimer mit zum Zelt nahm. Dort füllte ich meine Schmutzwäsche hinein und zog mich ins trockene Innere des Zeltes zurück. Da ich, mit dem gefundenen Stromkasten, ständig die Möglichkeit hatte meinen Akku zu laden, scheute ich mich nicht zum ersten Mal Candy Crush zu spielen. Übrigens habe ich in Malmö das Logo des Softwareentwicklers „King“ auf einem Gebäude gesehen – ich wusste gar nicht, dass Candy Crush schwedisch ist…

Ich las mir in der App des auswärtigen Amts noch ein paar Infos zu den Ländern durch, die mich noch erwarten. Gegen 1:00 Uhr stellte ich verblüfft fest, dass es immer noch nicht richtig dunkel war. So konnte ich sehen, dass die Wolkendecke langsam Lücken zeigte. Ein gutes Zeichen für den morgigen Waschtag.

Ich ging zurück zum Eingang des Zoos, aktualisierte den Blog und lud danach den Akku im Stromkasten. Die perfekte Insel – hier hab ich alles, was ich brauche. Außerdem bin ich oft an Feuerstellen vorbei gekommen – Feuer machen ist also auch kein Problem. Mir fiel auf, dass viele Einweggrills herumlagen. Das ist wirklich bescheuert – wer kauft denn sowas? Schlecht für die Umwelt und total unnötig. Überall liegt totes Holz herum und die Insel ist ein einziger Stein. Blöde Menschen… Also morgen wird auf jeden Fall gegrillt.

Helsinki ahoy

Nachtrag und Bilder


An Deck herrschte starker Wind, doch der Schlafsack leistete gute Dienste. Ich wachte auf, als ein Mitarbeiter der Schiffsbesatzung die Treppe zur elften Ebene aufschloss. So packte ich zusammen und ging nach unten frühstücken. In weiser Voraussicht, hatte ich mir Roggenbrote mit Lachs vorbereitet, denn an Bord ist alles (außer duty free) unverschämt teuer. Gegen 8:30 Uhr sah man die ersten finnischen Inseln; Helsinki ist nicht mehr weit. Fortsetzung folgt…


Als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte, studierte ich zunächst einmal die Karte, die am Hafen stand. Ich war überrascht, wie groß der Maßstab war – Helsinki scheint, für eine Hauptstadt, relativ klein zu sein. Doch das ist, wenn man schweres Gepäck hat, eigentlich eine gute Nachricht.

Ich schaute mir zunächst die Kirche an, die ich vom Schiff aus bereits gesehen hatte und lief dann am Hafen entlang. Dort traf ich die Finnen wieder, mit denen ich mich an Bord unterhalten hatte. Sie warteten auf eine Freundin, die in Helsinki wohnt und wollten gemeinsam zum Bahnhof laufen. So habe ich mich ihnen angeschlossen und erfuhr, an welchen Gebäuden wir vorbei liefen, sowie Infos zur Geschichte Finnlands. Ich brauchte Bargeld und hob welches ab – es war schon merkwürdig, plötzlich wieder Euros zu sehen. Am Bahnhof angekommen verabschiedete ich mich, leicht verärgert, dass ich im Schiff verpasst hatte mein Handy aufzuladen und somit kein Selfi machen konnte.

Danach suchte ich einen McDonalds auf, wo ich den Akku lud. Am Tisch nebenan saßen zwei Deutsche, die zu Ehren ihres Hochzeitstages nach Helsinki kamen. Wir unterhielten uns über die Beschleunigung der Gesellschaft und die Notwendigkeit durch Entschleunigungsmaßnahmen im Gleichgewicht zu bleiben. Sie haben eine 17-jährige Tochter, die Work ’n Travel machen will. Ich kann nur sagen: „go for it!“ 😉

Katy und Sven
Katy und Sven

Während sich mein Akku weiter füllte, sprach ich einen älteren Mann an, der einen Tisch weiter saß. Ich glaubte einen englischen Akzent gehört zu haben und fragte, ob er Engländer sei. Er war Schotte, aber nicht beleidigt über meine Verwechslung. Wir sprachen über die Unabhängigkeit Schottlands, den Brexit (er hat dafür gestimmt) und EU-Politik – eine hoch politische und spannende Unterhaltung. Er ist der Meinung, dass die EU kollabieren wird, weil zu viele unterschiedliche Nationen vereint würden. Seine beiden weiblichen Begleiterinnen unterbrachen irgendwann das tief schürfende Gespräch und auch ich ging weiter. Der Akku war kaum halb voll und so ging ich danach gleich noch in den Starbucks und lud mir die Offlinekarte von Helsinki.

Ich studierte die grünen Flecken der Satellitenansicht und steuerte auf einen zu. Unterwegs kam ich an einem Supermarkt vorbei und kaufte Roggenbrot und Krautsalat. Dann sah ich zwei junge Fahrradfahrer, die Ruck- und Schlafsäcke dabei hatten. Ich sprach sie an, ob sie wüssten, wo ich zelten könne. Der Campingplatz sei 12 km weit weg, was ich nun wirklich nicht laufen wollte. Aber sie empfahlen mir eine Insel, die größten Teils bewaldet war. So ging ich am Ufer entlang, füllte in einem Restaurant mein Wasser auf und aß auf einer Parkbank.

Bis zur Insel war es recht weit, da ich quasi einmal um Helsinki herum gelaufen bin. Das merkte ich, als ich erneut an der Schiffsanlegestelle vorbei kam. Auf der Insel angekommen suchte ich zunächst nach einem geeigneten Zeltplatz, was gar nicht so einfach war. Durch das enge Wegenetz waren die Waldflecken, die nicht einsehbar waren, recht klein. Erschwerend kam hinzu, dass die Insel fast ausschließlich aus Steinen bestand und die Wälder feucht und voller Fahne waren. Schließlich fand ich einen Platz, hinter einem Felsen, direkt am Waldrand, wo eine dicke Moosschicht den Felsen bedeckte. Doch wenn man den Hering in flachem Winkel einsticht, hält es schon.

Danach lief ich alle Wege ab, um mich mit meiner neuen Heimat vertraut zu machen. So kam ich an einer Freilichtbühne vorbei, die wohl momentan nicht in Betrieb ist. Dort sah ich einen Stromkasten, der nicht abgeschlossen war. Ich ging zum Zelt, holte meinen Akku und lud ihn dort auf. Ich sah auch mehrere Putzeimer – die werden mir noch für meine Handwäsche dienlich sein. Am Strand sind Duschen, Toiletten und Trinkwasserhähne – alles bei mir um die Ecke. Ich ging dann schlafen und ließ den Akku über Nacht am Strom.

 

Hej då Stockholm

Nachtrag gestern und neue Bilder


Der Tag der Abreise ist gekommen – heute um 16 Uhr fährt das Schiff nach Helsinki ab…

Ich wachte unfreiwillig und relativ früh auf, da eine Möwe immer wieder kreischend im Kreis über mir flog. Möwen geben einen sehr unangenehmen Hochfrequenzton von sich – besonders unangenehm, wenn man leicht verkatert ist. Doch da ich schonmal wach war, stand ich auf und wollte Frühstück holen. Der Supermarkt hatte noch geschlossen; die Uhr in der Metrostation zeigte halb acht. An der Straßenecke war ein 7eleven, der zwar höhere Preise, aber geöffnet hatte und so holte ich mir dort etwas. Ich aß unterwegs und begann, wieder am Zelt, meinen Bericht zu verfassen, wohl wissend, dass der Akku nicht lange halten würde.

Als das Logo des Herstellers, das Ende einleutend, auf dem Bildschirm erschien, nahm ich mein Ladegerät aus der Tasche und lief zu dem Wohnwagenstellplatz, der sich am Südufer der Insel befindet. Dort ging ich gezielt zu einem Wohnwagen mit deutschem Nummernschild und fragte das Rentnerpärchen, das ihn bewohnte, ob sie meinen Akku aufladen würden. Sie willigten freundlich ein und wir vereinbarten eine Uhrzeit, wann ich ihn wieder abholen käme.

In der Zwischenzeit duschte ich am Strand, wo nur eine Handvoll Menschen waren, baute mein Zelt ab, entsorgte den Müll und packte den Rucksack – alles in gemütlichem Tempo. Als ich startklar war ging ich zum Wohnwagen zurück und fragte, ob noch Zeit zum quatschen bliebe, da ich keine Uhr hätte. Ich wurde herein gebeten und so unterhielt ich mich, fast ausschließlich mit dem Gatten, über EU-Politik, denn im Radio sei gerade die Info über den Brexit gekommen. Erstaunlicherweise waren wir uns in allen Punkten einig: dass es schlecht für ein Land ist, sich abzuschotten, dass man nicht die Flüchtlingsproblematik, sondern die Fluchtursachen beheben muss, dass die Angst vor Fremden in der globalisierten Welt keine Berechtigung mehr hat, dass man nicht Waffen in ein Krisengebiet liefern und dann sagen kann, man könne keine Flüchtlinge mehr aufnehmen und und und – ein sehr interessantes und kluges Gespräch. Danach verabschiedete ich mich und nahm meinen, zu 85 % aufgeladenen, Akku entgegen.

Das nächste Ziel war der Starbucks am Hafen, wo ich fleißig bloggte. Ich ging kurz nach draußen, um zu rauchen und als ich zurück kam, war mein Kaffee abgeräumt. Ich ging zum Personal und sagte bescheid – so bekam ich einen zweiten Kaffe umsonst. Nun ist es schon halb drei – ich sollte bald zur Anlegestelle und einchecken. Fortsetzung folgt…


Der Check-In verlief reibungslos – kein Piepsen des Metalldetektors, das mein Messer entdeckt. An Bord erkundete ich zuerst den gesamten zugänglichen Innenraum des Schiffes, bevor ich aufs Außendeck ging. An der Reeling angekommen, setzte sich das Schiff gerade in Bewegung und so blieb ich dort und beobachtete, wie Stockholm langsam an mir vorbei zog. Eine schier endlose Landschaft von Buchten und Inseln machten klar, wie groß die Stadt tatsächlich ist. Selbst drei Stunden nach dem Ablegen des Schiffes war immer noch kein offenes Meer in Sichtweite – nur weitere Buchten und weitere Inseln. Erst nach über vier Stunden Fahrt passierte das Schiff die letzte Insel, die noch auf dahinter liegendes Festland schließen lässt – voraus lag nur noch Wasser, das am Horizont in den weißen Himmel überging.

Niemand konnte lange neben mir bleiben, ohne angesprochen zu werden und so sprach ich mit zwei Finnen, einem Deutschen, drei Nepalesen und zwei Russen. Letztere waren besonders sympathisch und wir verbrachten die Zeit gemeinsam an Deck. Als Kate kurz verschwand und mit einer Flasche Cognac zurück kam, wurde der Abend so richtig lustig. Wir tanzten und hatten jede Menge Spaß.

Kate und Andre
Kate und Andre

Als alle schlafen gingen, stieg ich aufs hohe Deck, rollte meine Matte aus und wickelte mich in den Schlafsack ein. Umgeben von Meer schlief ich zügig ein.

Midsummer in Stockholm

Info: Nachtrag gestern


Die Nacht war regnerisch und auch am Morgen war damit noch nicht Schluss. Als das Prasseln schließlich nachließ, ging ich in die Stadt und holte mir Frühstück. Man sagte mir, dass alle Schweden heute Hering essen und so kaufte ich mir auch davon. Zurück zum Zelt, frühstücken und dann wieder in die Stadt.

Ich sprach einige Leute an, wo man heute so hin geht und mir wurde ein Park in kuzer Entfernung nahe gelegt. Dort angekommen, war ich etwas enttäuscht. Ich hatte mir sowas wie Livemusik, Tanz und Partystimmung vorgestellt – schließlich war Nationalfeiertag. Warst du am 14. Juli schon mal in Frankreich? Da herrscht Ausnahmezustand, in jedem noch so kleinen Kaff! Stattdessen fand ich ein gewöhnliches Parkbild, wie man es jeden Tag und überall sieht, vor. Anscheinend wird Midsummer vorwiegend im privaten Kreis gefeiert – ist halt nur cool, wenn man jemanden kennt… Aber ich mach mir mein eigenes Fest, wenn die Hauptstadt schon nichts auf die Beine bekommt. Vielleicht hab ich auch nur die falschen Leute gefragt und war an den falschen Orten – mir kam es nur so vor, als wäre weniger los als sonst.

Zur Feier des Tages gönnte ich mir einen Six-Pack Heineken und ging zu „meiner“ Insel zurück. Dort hatte ich zuvor schon mehrere Grüppchen von Leuten gesehen, die gegrillt und getrunken hatten. Es hatte den Anschein, als würde jeder sein eigenes Ding machen – von Gemeinschaftsgefühl war nicht viel zu spüren.

Naja, sicher werde ich dort Anschluss finden und vielleicht auch meine erste Einschätzung revidieren. Fortsetzung folgt…


Durch eine Internetrecherche erfuhr ich, dass man, wenn man am Midsummer in Stockholm ist, unbedingt nach Skansen muss. Gutgläubig ließ ich mich auf diesen „Tipp“ ein, und kaufte ein Ticket für die Metro, das, wie ein Passant erklärte, auch für die Fähre gilt. Stockholm besteht ja größten Teils aus Inseln, was es schwierig macht die Stadt zu Fuß zu erkunden. Als ich so auf der Fähre stand und die angesteuerte Insel langsam näher kam, hatte ich schon ein ungutes Gefühl. Man sah zwei Freefall-Tower ein Riesen-Kettenkarussell und diverse Achterbahnen, die von bunten Lichtern beleuchtet und kreischenden Stimmen begleitet wurden.

An Land angekommen, fand ich mich auf einem Rummel wieder, was das letzte war, dass ich erfahren wollte. Doch da ich auf der Karte gesehen hatte, wie groß die Insel ist, gab ich ihr noch eine Chance und lief weiter. Ein Schild zeigte „Skansen“ an und ich folgte der Richtung. Dort wurde ich erneut überrascht: der Eingang zu einem Themenpark mit 20 € Eintritt. Ich schaute mir das Schild vor dem Eingang an, das eine Karte des Areals abbildete und hörte Unterhaltungen in deutscher Sprache um mich herum. Nun wusste ich endgültig, dass ich hier falsch bin. Ich wollte mich unters Volk mischen, Midsummer so wie die Einheimischen verbringen und nicht auf einem Touristenmagnet die inszenierte Version erleben – so wie Schweden nach außen hin aussehen soll.

Mein Ticket war noch immer gültig und so kehrte ich um und nahm die nächste Fähre zurück – so bin ich wenigstens einmal Fähre gefahren. In der Metro kam ich 10 Minuten vor Ablauf der Karte an – passte genau. Also verfolgte ich, nach diesem kleinen Abstecher, den ursprünglichen Plan und lief zu „meiner“ Insel.

Die erste größere Gruppe von Leuten steuerte ich an und setzte mich in die Runde um endlich meinen Hering zu essen, den ich, zusammen mit dem Six-Pack, die ganze Zeit mit mir herum getragen hatte. Man gab mir noch etwas Kartoffelsalat, Baguette und eine andere Sorte Hering mit Dill. Meiner war eingelegt, mit Karotten, Zwiebeln und Pfefferkörnern – die klassische Version des Nationalgerichts. So sprach ich über meine Reise – vorwiegend mit dem, der mir gegenüber saß. Er gab an, in einer ähnlichen Situation gewesen zu sein, als ich vor meiner Abreise und versuchte mich als Bittsteller darzustellen. Um nicht unhöflich zu sein, ging ich in eine defensive Haltung und erläuterte meine Beweggründe. Ich glaube er war einfach nur neidisch, weil er sich nicht getraut hätte, sowas durchzuziehen… Als der Großteil der Gruppe sich auflöste, blieben noch drei Leute zurück und da begannen die Gespräche konstruktiv und interessant zu werden. So saßen wir noch eine Weile beisammen, bevor auch sie sich verabschiedeten.

Ich lief dann ein Stück weiter und vernahm Gitarrenmusik. Vier Musiker, umringt von Zuhörern, gaben schwedische Mundart zum besten. Verblüfft und entzückt blieb ich stehen und hörte zu. Als das Stück zu Ende war, fragte ich, ob ich teilhaben könnte und setzte mich ins Publikum, das aus etwa 15 – 20 Menschen bestand. Einer spielte eine kleine Gitarre, die wie eine Geige aussah, eine Frau spielte Mundharmonika, einer trommelte den Takt auf dem Gitarrenkoffer und ein vierter Sang inbrünstig.

Ich habe einen kurzen Teil mitgeschnitten. Leider war es schon dunkel, weshalb das Bild nichts wurde. Aber der Sound gibt eine kleine Impression dieses einmaligen Erlebnisses:

Als das letzte Tageslicht verschwand, löste sich auch diese Gruppe auf und ich half mit, den Platz vom Müll zu säubern, bevor ich frohmütich zum Zelt zurück ging.

Strandtag

Gestern habe ich die Insel nicht verlassen. Ein richtig schöner Faulenzertag: in der Sonne liegen, schwimmen, in der Sonne liegen, schwimmen. Bei den 20 Sonnenstunden am Tag, kann man das lange wiederholen…

Abends hab ich Leute angesprochen, die unten am Wasser ein Lagerfeuer machten und habe mich dazu gesellt. So wurde ich in ein Stück schwedischer Kultur eingeführt: Nacktbaden – gefällt mir. Danach hat jeder auf ein Blatt geschrieben, was er vergessen will und auf die Rückseite, was er sich wünscht. Durch das Verbrennen soll das in Erfüllung gehen. Es war gar nicht so leicht etwas zu finden, dass ich vergessen möchte. Immerhin sind alle meine Erinnerungen ein Teil meines heutigen Ichs und machen das aus, was ich bin. Und da ich von Traumata weitestgehend verschont blieb, musste ich lange überlegen. Das Knistern des Blattes im Feuer und der weiße Rauch, der von ihm aufstieg, wird sicher mein Leben verändern. Oder?


Heute ging ich mal wieder auf Jobsuche. Dabei habe ich meine Zielgruppe auf Restaurants erweitert. Irgendwie scheinen alle schon voll besetzt zu sein. Die Saison hat wohl schon früher begonnen. Aber aufgeben passt nicht zu mir und somit geht die Suche weiter. Fortsetzung folgt…


Wie ich erfahren habe, sind gerade Ferien in Schweden. Deshalb haben aktuell viele Schüler und Studenten Ferienjobs. Man sagte mir, dass ich wohl im Herbst bessere Chancen hätte – bis dahin wäre ich sicher hoch verschuldet. Ich glaube es wäre das Beste, wenn ich bald weiter ziehe. Die Länder, die mich noch erwarten, können ja nicht noch teurer sein…

Morgen ist Midsummer, ein schwedischer Feiertag – den sollte ich noch miterleben. Am Samstag werde ich ein Fährschiff nach Helsinki nehmen – 16 Stunden Fahrt, 55 € ohne Kabine. Besser als Finnland über den Landweg zu erreichen – dazu muss man seeeehr weit nach Norden, wo die Bevölkerungsdichte stark abnimmt. Selbst in den Großstädten habe ich Schwierigkeiten mitgenommen zu werden – die Schweden hätten wohl Angst vor Fremden, heißt es. Klingt das nicht vertraut? Könnte von der AfD stammen…


Die Jobsuche habe ich abgebrochen und ein Fährticket nach Helsinki gebucht. Danach bin ich noch etwas durch die Straßen gelaufen und hab von weitem ein kuppelartiges Gebäude gesehen. Ich wollte wissen, was das ist und lief darauf zu. Die Entfernung täuschte, denn es war ein gutes Stück zu laufen. Dort angekommen, erfuhr ich, dass es eine Sportarena, der Ericsson Globe, ist. Da ich die ganze Strecke nicht nochmal zurück laufen wollte, nahm ich die Metro. Während der Fahrt, erkannte ich, dass ich klug entschieden hatte – das wäre wirklich weit gewesen. Wie so oft, in großen Städten, sieht auf der Karte alles viel näher aus.

Am Ankunftsbahnhof kaufte ich im Supermarkt mein Abendessen und ging zum Zelt um dort zu essen. Unten am Wasser sah ich eine Gruppe von Leuten, die in geselliger Runde saßen. Also ging ich hin, lud mich ein und wurde freundlich willkommen geheißen. Sie sind alle Landschaftsgärtner, arbeiten in der gleichen Firma und trafen sich hier nach Feierabend. Es war ein nettes Zusammentreffen, das den Abend angenehm ausklingen ließ.

Die Namen weden noch ergänzt...
von links: Ida, Björn, Agnes, Irie (Hund), Cajsa und Karl

Anglerglück am Morgen

Info: Wenn am Ende eines Beitrags „Fortsetzung folgt“ steht, heißt das, dass der Tag noch nicht vorbei ist und an der Stelle noch ein Nachtrag folgt (also nochmal gestern checken).


Ich hatte die Angel über Nacht, in Steinen verkeilt, am Ufer gelassen. Als ich morgens nachschaute, hatte ich einen Fisch am Haken. Angespornt von dem Erfolg warf ich wieder aus und holte in kurzer Zeit zwei weitere aus dem Wasser. So bereitete ich mein Frühstück vor, indem ich die Fische in Wasser kochte. Danach erstmal Mittagsschlaf. Als ich aufwachte, war es bereits Abend und ich lief in die Stadt um zum Supermarkt zu gehen. Dort kaufte ich ein paar Lebensmittel, brachte sie zum Zelt und versuchte das WLAN-Netzwerk wieder zu bekommen, das jedoch zu schwach war. Also lief ich wieder über die Brücke, diesmal jedoch auf die andere Seite, wo ich noch nicht war. Bald fand ich einen McDonalds und schaute mir das Fußballspiel an – bäm, in your face, Spanien.

Übrigens, neue Bilder.