Hej då Stockholm

Nachtrag gestern und neue Bilder


Der Tag der Abreise ist gekommen – heute um 16 Uhr fährt das Schiff nach Helsinki ab…

Ich wachte unfreiwillig und relativ früh auf, da eine Möwe immer wieder kreischend im Kreis über mir flog. Möwen geben einen sehr unangenehmen Hochfrequenzton von sich – besonders unangenehm, wenn man leicht verkatert ist. Doch da ich schonmal wach war, stand ich auf und wollte Frühstück holen. Der Supermarkt hatte noch geschlossen; die Uhr in der Metrostation zeigte halb acht. An der Straßenecke war ein 7eleven, der zwar höhere Preise, aber geöffnet hatte und so holte ich mir dort etwas. Ich aß unterwegs und begann, wieder am Zelt, meinen Bericht zu verfassen, wohl wissend, dass der Akku nicht lange halten würde.

Als das Logo des Herstellers, das Ende einleutend, auf dem Bildschirm erschien, nahm ich mein Ladegerät aus der Tasche und lief zu dem Wohnwagenstellplatz, der sich am Südufer der Insel befindet. Dort ging ich gezielt zu einem Wohnwagen mit deutschem Nummernschild und fragte das Rentnerpärchen, das ihn bewohnte, ob sie meinen Akku aufladen würden. Sie willigten freundlich ein und wir vereinbarten eine Uhrzeit, wann ich ihn wieder abholen käme.

In der Zwischenzeit duschte ich am Strand, wo nur eine Handvoll Menschen waren, baute mein Zelt ab, entsorgte den Müll und packte den Rucksack – alles in gemütlichem Tempo. Als ich startklar war ging ich zum Wohnwagen zurück und fragte, ob noch Zeit zum quatschen bliebe, da ich keine Uhr hätte. Ich wurde herein gebeten und so unterhielt ich mich, fast ausschließlich mit dem Gatten, über EU-Politik, denn im Radio sei gerade die Info über den Brexit gekommen. Erstaunlicherweise waren wir uns in allen Punkten einig: dass es schlecht für ein Land ist, sich abzuschotten, dass man nicht die Flüchtlingsproblematik, sondern die Fluchtursachen beheben muss, dass die Angst vor Fremden in der globalisierten Welt keine Berechtigung mehr hat, dass man nicht Waffen in ein Krisengebiet liefern und dann sagen kann, man könne keine Flüchtlinge mehr aufnehmen und und und – ein sehr interessantes und kluges Gespräch. Danach verabschiedete ich mich und nahm meinen, zu 85 % aufgeladenen, Akku entgegen.

Das nächste Ziel war der Starbucks am Hafen, wo ich fleißig bloggte. Ich ging kurz nach draußen, um zu rauchen und als ich zurück kam, war mein Kaffee abgeräumt. Ich ging zum Personal und sagte bescheid – so bekam ich einen zweiten Kaffe umsonst. Nun ist es schon halb drei – ich sollte bald zur Anlegestelle und einchecken. Fortsetzung folgt…


Der Check-In verlief reibungslos – kein Piepsen des Metalldetektors, das mein Messer entdeckt. An Bord erkundete ich zuerst den gesamten zugänglichen Innenraum des Schiffes, bevor ich aufs Außendeck ging. An der Reeling angekommen, setzte sich das Schiff gerade in Bewegung und so blieb ich dort und beobachtete, wie Stockholm langsam an mir vorbei zog. Eine schier endlose Landschaft von Buchten und Inseln machten klar, wie groß die Stadt tatsächlich ist. Selbst drei Stunden nach dem Ablegen des Schiffes war immer noch kein offenes Meer in Sichtweite – nur weitere Buchten und weitere Inseln. Erst nach über vier Stunden Fahrt passierte das Schiff die letzte Insel, die noch auf dahinter liegendes Festland schließen lässt – voraus lag nur noch Wasser, das am Horizont in den weißen Himmel überging.

Niemand konnte lange neben mir bleiben, ohne angesprochen zu werden und so sprach ich mit zwei Finnen, einem Deutschen, drei Nepalesen und zwei Russen. Letztere waren besonders sympathisch und wir verbrachten die Zeit gemeinsam an Deck. Als Kate kurz verschwand und mit einer Flasche Cognac zurück kam, wurde der Abend so richtig lustig. Wir tanzten und hatten jede Menge Spaß.

Kate und Andre
Kate und Andre

Als alle schlafen gingen, stieg ich aufs hohe Deck, rollte meine Matte aus und wickelte mich in den Schlafsack ein. Umgeben von Meer schlief ich zügig ein.

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