Mein Wecker klingelte um 6 Uhr und ich war alles andere als erfreut darüber. Dennoch raffte ich mich auf und machte mir Kaffee um im Anschluss in das Buddha-Haus zu gehen, wo der Yogakurs stattfand. Der hatte zwar schon begonnen, aber nur wenige Minuten zuvor. Leider war der ganze Kurs auf russisch und kein Dolmetscher anwesend. Doch der gute Beobachter erkennt, auch ohne Sprache, was zu tun ist. Das Niveau war selbst für Anfänger durchführbar, aber nach drei Stunden durchaus anstrengend.
Heute gibt es vier verschiedene Tantra-Workshops, von denen ich zwei belegen werde.
Den ersten Workshop verpasste ich, doch der sei auch am nächsten Tag, sagte man mir. Ich nutzte die Zeit um, unter der Dusche, meine Wäsche zu waschen. Als ich fertig war, regnete es – na toll. Dann werde ich wohl die nächste Zeit ohne T-Shirt rum laufen – das stört hier eh keinen.
Um 14:30 Uhr begann der Tantra-Workshop, zu dem so viele kamen, dass der Raum komplett ausgefüllt war. Pepe, der auch die Zen-Meditation und das Trance Dance machte, erklärte, was Tantra ist und das der sexuelle Aspekt nur einen kleinen Teil dieser, wesentlich umfassenderen Philosophie ausmacht – seine Partnerin übersetzte auf russisch. In der Aufwärmrunde, wurden Bewegungsübungen ausgeführt, mit dem Ziel, seinen Körper bewusst zu spüren. Im praktischen Teil wurden verschiedene Mantras einstudiert, angefangen mit dem bekanntesten – dem „ommm“.
Mantras sind Worte, die, beim Aussprechen, eine Vibration, einer bestimmten Frequenz, im Körper erzeugen. Es gibt für jedes, der sieben Chakren im Körper, ein bestimmtes Mantra – wobei das siebte, das das dritte Auge anspricht, von innen kommt und nicht ausgesprochen wird.
Es folgte eine Partnerübung, bei der man Rücken an Rücken saß und die Arme ineinander verschränkte. Dabei atmete man gemeinsam und synchronisierte sein Mantra mit dem Partner um die Energien zu vereinen.
Dann nahm Pepe seine Bongo-Trommel und spielte einen Rhythmus, zu dem man sich frei bewegen sollte, um anschließend in eine liegende Position zu wechseln – das alles geschah mit geschlossen Augen. Und während alle am Boden lagen, summte Pepe leise und ließ leise Glocken klingen, während er durch den Raum lief. Seine Partnerin zündete, zur gleichen Zeit, Räucherwerk an, dessen Geruch den ganzen Raum erfüllte und sang sanft indische Lieder, ebenfalls Klockengeräusche erzeugend.
Tiefenentspannt kam ich aus dem „Buddha House“ und wurde von der Sonne begrüßt. Also holte ich meine nasse Wäsche, suchte ein Schnur und hängte sie auf. Ich verpasste die nächste Meditation – „Open Heart Meditation “ und half stattdessen den Männern bei Reparaturarbeiten.
Es wurde langsam kälter und ich wollte mir irgendwann doch was anziehen. So ging ich zu meinem Zelt und zündete mir, nachdem ich das Festivalgelände verlassen hatte, eine Zigarette an. Plötzlich rannte jemand an mir vorbei, nahm meine Hand und zog mich mit, „blueberries, blueberries“ ausrufend.
Wir sind uns zuvor schon, im Infozelt begegnet und hatten uns kurz bekannt gemacht – auch eine Helferin. Ich rannte den schmalen, abschüssigen Waldweg herunter und folgte ihr. Sie gab ein zügiges Tempo vor und der Boden war, vom Regen, aufgeweicht. Ich ließ die Zigarette fallen, beschleunigte und folgte den gelockten, dunkelblonden Haaren, die vom Regen durchnässt waren.
An einer Steigung, holte ich sie ein. Sie zeigte auf die, etwa 20 cm hohen Pflanzen, die am Wegrand wuchsen und forderte mich auf ihr beim pflücken zu helfen. Während wir die Heidelbeeren sammelten und uns unterhielten, stellte sich heraus, dass Sarah aus Freiburg kommt. Liebliche Melodien summend, pflückte sie die Beeren und trug sie, wie das Mädchen die Sterne im Sterntaler-Märchen, in ihrem Kleid.
Als wir genug gesammelt hatten, gingen wir den Weg zurück und sie zeigte mir die verschiedenen Pflanzen und deren Verwendungsmöglichkeiten. Wir sprachen über die Veränderung der Gesellschaft und ich blickte in ihre hellblau leuchtenden Augen, die meinen Blick fesselten.
Zurück auf dem Festival, trennten wir uns wieder, da sie eine Besprechung ihrer Helfergruppe hatte. Als ich wieder bei meiner Gruppe war, stellte ich fest, dass ich immer noch kein T-Shirt an hatte und ging erneut zum Zelt. Dort zog ich mich um und bloggte.
Am Abend saßen wir am Feuer und Igor holte seine Digeridoos, eine Harmonika, die wie ein Buch aussieht und einen konstanten Ton erzeugt, sowie eine Klangschale. So saßen wir lange in der Runde, bevor ich schließlich schlafen ging.