Anpassungen für Ramadan

Wir sind nun in der zweiten Ramadan-Woche und haben unseren Arbeitsablauf entsprechend angepasst. Da nicht alle (aber die meisten) beim Fasten teilnehmen, haben wir die Menge der warmen Mahlzeiten drastisch herunter gefahren.

Am ersten Tag hatten wir für 300 Essen geplant und es sind nur knapp 30 Leute aufgetaucht. Auch nachdem sich jeder der anwesenden Helfer den Bauch voll geschlagen hatte, war immer noch reichlich übrig. So hat sich eine neue Routine eingespielt: „feed the alcoholics“.

Unweit der Küche befindet sich ein Markt, der täglich geöffnet hat und wo man immer die selben Gesichter sieht. Wir kreuzen dort, nicht selten zu zehnt, mit Shorba, Brot und Salat auf, werden herzlich begrüßt und essen und trinken gemeinsam mit den Leuten, die dort abhängen. Das endet nicht selten in ausgelassener Stimmung und intensiver Redseeligkeit.

Einer der Leute dort hat mir sein Handy für 30 € verkauft. Jetzt brauch ich nur noch eine SIM-Karte und bin wieder erreichbar. Außerdem kann ich dann auch endlich wieder Bilder machen. Ein anderer wollte mir ein paar Schuhe schenken, als er meine sah, die sich langsam auflösen. Ich lehnte ab, weil ich eher Wanderschuhe brauche. Außerdem hab ich jetzt Kontakte zur Zigarettenmafia, wo man eine Stange Kippen für unter 10 € bekommt.

Wir kochen nun nur noch in einem Topf, was die Arbeit in der Küche erheblich verkürzt. Danach packen wir die Ramadan-Packs, die nach Sonnenuntergang ausgegeben werden. Wir müssen das Camp also zwei Mal am Tag anfahren.

Letzte Woche zog ich in das Freiwilligenhaus ein, das knapp 10 min Fußweg von der Küche entfernt ist. Dort sind 13 Betten in vier Räumen, für die, die hier helfen. Abends sitzen wir oft draußen am Feuer und lassen den Tag bei einem Bier ausklingen.

Seit es weniger zu tun gibt, habe ich mich etwas aus der Küche zurück gezogen und bin nun im Büro tätig. Dort beantworte ich Anfragen für neue Freiwillige per E-Mail, auf Workaway und Facebook, plane die Verfügbarkeit freier Betten in den Wohnungen und verbuche Rechnungen. Außerdem werde ich bald mit der Webseite anfangen, die noch völlig unbearbeitet ist.

So wie es aktuell steht, sehe ich noch keinen Anlass von hier weg zu gehen…

Was bisher geschah…

In der Zeit, seit meinem letzten Post, ist viel passiert. Ich werde im Folgenden versuchen die Ereignisse zusammen zu fassen.


Die Baracken sind nun Geschichte. Die Regierung hatte, einen Tag vor Beginn der Abrissarbeiten, Insektizide versprüht – gegen das „Ungeziefer“ (man will ja keine böse Absicht unterstellen, doch es ist nun mal sehr offensichtlich). Am letzten Abend sammelten wir alle zurückgebliebenen Decken ein und blieben gemeinsam dort um, mit Alkohol und Gitarrenmusik, andächtig die Energie dieses Ortes in uns aufzunehmen. Am nächsten Morgen war mein Handy weg – teuflischer Rakia…


Obwohl die Bedingungen der Baracken furchtbar waren, genossen die Geflüchteten hier eine große Freiheit. Keine Aufpasser, keine Registrierung und keine Bestimmungen wurden einem auferlegt. Es waren ständig unabhängige NGO´s vor Ort, die sich um die Bewohner gekümmert hatten.

Dave hatte Strom zur Verfügung gestellt, damit man sein Handy aufladen konnte und die Räume beleuchtet. Hier geht’s zu seinem Blog.

Zwei reizende Frauen hatten alle mit Frühstück und Tee versorgt. Schau hier in ihren Blog.

Kleidung und Schuhe lieferten die Leute von „RAS – Refugee Help Serbia“. Die Webseite findest Du hier.

Abendessen gab es von „No Name Kitchen“. Die Bewohner konnten dort, unter Aufsicht von freiwilligen Köchen, beim Zubereiten des Essens mithelfen. Hier der Link dazu (nur auf Facebook).

Weiterhin halfen „Help NA“ unterstützend mit. Link hier (spanisch).

Und zu guter Letzt, wir, die das Mittagessen bereit stellten. Zuvor durch „Hot Food Idomeni“ und nun durch „BelgrAid“ (nur auf Facebook).

Ach, und natürlich „Get Shit Done“, die alles reparieren und bauen, was man so braucht. Finde sie hier (nur auf Facebook).


Am nächsten Abend packten wir 200 Rucksäcke, für die, die zum „Game“ aufbrechen wollten. Jeder Rucksack enthielt ein Kleidungspack (mit Socken, Unterhose, T-Shirt, Pulli und Hose), ein Medipack (mit Schmerzmitteln, Pflastern und Salbe), ein Hygienepack (mit Zahnbürste, -pasta, Rasierer, Nagelklipp, Tempos, Feuchttücher und Seife), ein Essenspack (mit einer Dose Bohnen, Sardinen, Schokolade, Erdnüssen, einer Orange und zwei Müsliriegeln) außerdem eine Taschenlampe und eine SIM-Karte.

Die Zahl der Campbewohner ist, nach Schließung der Baracken, deutlich angestiegen. In Folge dessen wurde die Essensausgabe in einen größeren Raum verlegt. Die Durchreiche besteht aus einer Abtrennung, mit kleinen Fenstern, die sich hoch klappen lassen. Dabei verdecken diese die Gesichter der dahinter stehenden und bieten ein „Titten-Ausschnitt“, was eine Interaktion unmöglich macht, ohne sich auf Knien zu bewegen- äußerst ungünstig. Mittlerweile konnten wir diesen Missstand beheben, indem wir nur ein Fenster hoch klappen und die anderen unten lassen.

Vor ein paar Tagen haben wir durch Zufall entdeckt, dass es eine Arrestzelle gibt. Ariel hörte eine Stimme hinter Gitterstäben, die um Essen bat. Wie wir später herausgefunden haben, wurde der „Häftling“ für fünf Tage eingesperrt und man verbot uns ihn mit Nahrung zu versorgen. Mittlerweile dürfen wir den Essensraum gar nicht mehr verlassen und man hat uns verboten mit den Geflüchteten zu sprechen. Vermutlich will man so verhindern, dass wir in diesem „offenen“ Camp noch mehr entdecken, was die Menschenrechte der „Insassen“ verletzt.

Vor einigen Tagen bin ich mit zwei Medizinstudentinnen nach Šid (gesprochen: shit) gefahren. Auf einem abgelegenen Parkplatz werden Essen und Kleidung ausgegeben und medizinische Versorgung angeboten.


Šid liegt an der Grenze zu Kroatien und ist deshalb ein strategisch interessanter Aufenthaltsort, da sich das „Game“ in unmittelbarer Nähe befindet. Neben zwei offiziellen Camps, gibt es den „Jungle“, ein Ort in dem jene leben, die im Schutze des Waldes untergetaucht sind.


Während die angehenden Ärztinnen ihre Patienten versorgten, hatte ich Gelegenheit mich mit den Anwesenden zu unterhalten. So erfuhr ich unter anderem von den Methoden der kroatischen Grenzpolizei.

Die Grenze wird sehr gut bewacht und es ist fast unmöglich durch zu kommen, ohne aufgegriffen zu werden. Wenn jene, die im Grenzgebiet wohnen, einen illegalen Einwanderer erspähen und dies der Polizei melden, erhalten sie 50 Euro Prämie, was hier eine Menge Geld ist. Wenn man wiedererkannt wird, also Wiederholungstäter ist (und nicht wenige versuchen es täglich), wird man in den Wald gefahren, übel zusammen geschlagen und in den Fluss geworfen. Aufgrund der schmerzenden Gliedmaßen hat man große Schwierigkeiten zu schwimmen (viele können überhaupt nicht schwimmen) und wenn man es zum anderen Ufer schafft, wartet dort bereits die nächste Knüppeltruppe und man fängt sich gleich noch mal Prügel ein. So soll wohl vermittelt werden, dass man verdammt nochmal im Camp bleiben soll, wo man sich furchtbar langweilen muss. Ausflüge in die Stadt sind auch nur möglich, wenn man nicht gesehen wird, ansonsten wird man „freundlich“ aufgefordert umzukehren.

Heute hat uns eine traurige Nachricht ereilt: Eine Gruppe von Dreien, hatten beim Grenzübergang einen tragischen Unfall, bei dem einer sein Leben und ein anderer sein Bein verlor.

In der Küche bin ich nun zum Prep-Manager aufgestiegen. Mein Aufgabenbereich besteht darin, die anstehenden Arbeitsschritte vorzubereiten und zu dirigieren, neue Freiwillige einzuweisen und dem Koch zuzuarbeiten. Außerdem werde ich als Koch angelernt um diesen zukünftig zu ersetzen, da Ryan uns bald verlassen wird.

Die Entscheidung

In der Küche gab es kein WLAN, weshalb ich nicht täglich updaten konnte. Andrew und Chris waren unterwegs nach Belgrad, jedoch ohne Mietwagen, wie geplant, sondern mit dem Zug. Ihr Plan sah vor, direkt nach Croatien zu fahren um dort weitere Ex-Hostel-Staff-Leute zu treffen. Ich befand mich in einem Zwiespalt, ob bleiben oder aufbrechen sollte und so vertagte ich die Entscheidung auf den nächsten Tag.

Die Baracken werden in Kürze geschlossen – heute fand dort ein Hungerstreik statt. Die Stadt will dort die „Waterfront“ aufbauen und alles abreißen. Für die Flüchtlinge heißt das entweder „The Game“ (versuchen über die Grenze zu kommen), sich für ein Camp einzuschreiben oder irgendwo im Park zu schlafen.

„The Game“ ist für viele schon ein alter Hut und einige ließen sich bereits deportieren, weil sie den Mut verloren. Das Camp wird von vielen mit Skepsis betrachtet, weil sie dem System (aus gutem Grund) misstrauen und wer im Park schläft, wird von der Polizei eingesammelt.

Dennoch werden viele ihr Glück versuchen und wir versorgen sie mit Rucksäcken, Hygienebeutel und Schlafsäcken.

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Die letzten Tage habe ich die Kartoffeln geputzt und die Methode angepasst: ein kleinerer Topf und eine abschließende Kontrolle bringt ein besseres Ergebnis. Manche Kartoffeln müssen nochmal per Hand gebürstet werden, doch die Zeitersparnis bleibt enorm.

„Get Shit Done“ hatte eine Lösung für den verstopften Abfluss gefunden. Vier Siebe verhindern nun, dass Essensreste in der Rinne hängen bleiben. Meine Idee die Siebe zu säubern nahm jedoch zu viel Zeit in Anspruch.

Das Dach wurde in drei Tagen fertig gestellt.

Arbeiten auf zwei Ebenen
Arbeiten auf zwei Ebenen

Umzug zur BelgrAid Küche

Am Donnerstag nach der Arbeit ging ich zum letzten Mal zum „car wash“ und begleitete den harten Kern zum Abendessen. Nur noch Eric, Andres, Chris und Alex verblieben.

Am Freitag in der Früh baute ich mein Zelt ab und schleppte mein Gepäck zur Küche. Nach Feierabend saßen wir draußen und tranken etwas Bier.

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Ich konnte oben in der Wohnung schlafen, was sehr willkommen war, denn mein Zelt hätte ich nicht mehr aufbauen können.

Am nächsten Morgen war ich überraschenderweise recht fit und nutzte dies um etwas Yoga zu machen.

Die Leute von „Get Shit Done“ bauten an einer Überdachung.

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Fortsetzung folgt…

Aufbruchstimmung

In den letzten Tagen sind immer mehr Hot Food Leute abgereist – heute sind wir nur noch zu dritt. Ich ging weiterhin zur Küche, während die anderen zurück blieben und klar Schiff machten.

In der Küche sorgte Christian für eine neue Revolution. Normalerweise braucht man vier, fünf Leute, für zwei Stunden, um den Tagesbedarf an Kartoffeln (80 kg) zu putzen. Diese kommen in Schüsseln mit Wasser und werden einzeln gebürstet. Jetzt braucht eine Person 10 min!!! Whaaaaat? Genialer Lifehack!

Für Hot Food hieß es: Die Transporter mussten bewegt, Kleidung getrennt, Zeug gepackt, Haus geputzt werden.

Gestern war Paintingparty mit Freibier und Pizza am Lagerfeuer.

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Beerpong und Lagerfeuer

Es war bereits Mittag, als ich zum „car wash“ ging.


Hier, wo die mobile Küche stand und die Köche wohnen, wurden früher mal Autos gewaschen. Das Schild wurde modifiziert, damit keine Kunden mehr kommen.

 


Verkaterte Stimmung lag in der Luft, doch allmählich kamen alle in Schwung. Wir spielten etwas Cricket und kickten einen Handball hin und her.

Es trafen noch weitere Leute ein und wir holten reichlich Bier für die Nachmittagsaktivität. Eine Tür, auf zwei Stapeln Reifen, diente als Tisch für Beerpong – in der Variante contact beer pong.

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Für alle, die damit nichts anfangen können, hier die Regeln:

Wird noch nachgetragen…


Es gab reichlich Paletten und deutsche Bücher (es waren scheiß Bücher, Liebesromane und sowas…), die entsorgt werden mussten. Das geht natürlich am besten mit einem Feuer.

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Paintball Action

Seit langem wieder ausschlafen, was ich auch ausgiebig tat. Um die Mittagszeit traf ich die anderen. Die Teams standen schon seit einer Woche fest. Um 14 Uhr gings los.

Ich stellte fest, dass ich keinen natürlichen Killerinstinkt habe, was mir in diesem Spiel einen Vorteil hätte verschaffen können. So wurde ich oft getroffen und überlebte nur die letzte Runde. Am Ende hatte ich noch reichlich (von ursprünglich 100) Kugeln, während manche nochmal nachkauften. Als Trophäe gab einen Mini-Gastrobehälter – tolle Idee.

Auf dem Rückweg war Erics Kleinbus total überfüllt. Als wir zurück gekommen waren, kochte Alice für die ganze Mannschaft – lecker.

Abends trafen wir uns zum Essen in einem serbischen Restaurant auf Kosten des Kommissariats. Ich hatte eine Suppe und Fleisch, gefüllt mit Huhn, Pilzen und Käse – viel und sehr gut.

Bäm
Bäm

Wir hatten viel Spaß, während im Nebenraum Livemusik spielte. Die Stimmung war ausgelassen – es wurde getanzt und gesungen. Jeder schien die gespielten Lieder zu kennen.

Sogar die Hunde trinken
Sogar die Hunde trinken

Viele Biere später ging es weiter in einen Club. Wenn man eine Weile alleine rum steht, wird man prompt angesprochen – die Leute hier sind sehr offen. Ich war überrascht, wie viele deutsch sprachen. Alle schienen Deutschland zu mögen und waren freundlich und redseelig.

Als wir mit dem Taxi zurück fuhren, begann bereits die Morgendämmerung.

FTOG And Get Wankered Weekend

Solltest Du Dich fragen, was FTOG heißt: Das ist die Abkürzung für fuck the other groups. Frag nicht, ich versteh das auch nicht so richtig. Stand auf dem Zettel mit den Küchenregeln – zwischen „wasch dir die Hände“ und „desinfiziere die Flächen“. Offenbar ist es eine Art Slogan.


Freitag ist High-Tag. Morgen hat die ganze Hot Food Mannschaft frei. Deshalb wird heute ordentlich gefeiert.

Fortsetzung folgt…

Die letzte Hot Food Woche

Wir befanden uns in der Endphase von Hot Food in Belgrad. Seit Juli letzten Jahres kochen sie nun täglich hier und werden bis zum Wochenende an BelgrAid übergeben.

Am Montag Abend gingen wir in die Stadt und fanden uns in einer Bar ein.

Chillen auf dem Dach der mobilen Küche
Chillen auf dem Dach der mobilen Küche

Das Wetter wurde deutlich besser und es hatte ab Dienstag konstant über 25 Grad – über 10 Grad in der Nacht. Deshalb verlegten wir eine Station nach draußen, wo man, unter einer gespannten Plane, in der Sonne schnippeln konnte.

Fortsetzung folgt…

BelgrAid part 4

Heute wurde der Küchenprozess entscheidend optimiert – eine Revolution des Knoblauchschälens fand statt.

Zuvor wurden die Zehen in heißem Wasser eingeweicht, wodurch sich die Haut sehr leicht lösen lässt. Die zweite Methode bestand darin, die Zehen mir der flachen Seite des Messers zu zerdrücken. Mir persönlich gefiel die erste Möglichkeit besser, während die meisten anderen lieber zerquetschten. Ich bildete mir ein, dass ich wesentlich schneller sei, was bis heute auch so war. Doch es gibt eine dritte Möglichkeit, bei der wir uns wohl alle einig waren und jeder seine bisherige Methode verwarf.

Man schneidet beide Enden der gesamten Knolle ab, ohne die Zehen zu lösen. Diese gibt man in einen Eimer und verschließt diesen. Dann wird kräftig geschüttelt und so gut wie alle Zehen sind von ihrer Schale befreit. So schnell waren wir noch nie fertig.