Fr. 03.06.
Autor: Chris
Amsterdam Tag 2
Melodische Vogelklänge lösten den durchaus guten Schlaf ab und sorgten für einen angenehmen Übergang von Traum- zu Wachstadium. Es war 5:30 Uhr, fühlte sich aber auch nicht anders als 9:00 Uhr an. Also stand ich auf und ging zur Rezeption, die durchgehend besetzt ist. Dort bekam ich kochendes Wasser für Kaffee und ein Croissant von gestern umsonst – zum Tunken besser als ein frisches. Außer mir und dem Nachtwächter, war noch keine Menschenseele auf den Beinen – nur die vielfältigen Vogelstimmen begleiteten die angenehme Stille. So setzte ich mich an einen Tisch und verfasste den gestrigen Beitrag. Allmählich kamen die ersten Camper und auch ein paar neue – vier Franzosen, die ihr Zelt gegenüber von meinem aufbauten. Haben kurz geredet, sie kommen aus der Bretagne.
Ich wollte duschen, hatte aber immer noch keine Seife. Also bin ich zu Roys Zelt, von dem ich wusste, dass er früh wach ist. Ich war überrascht, als ich ihn, mit Federschmuck, Kerzen und Räucherstäbchen, den Koran zu seiner Linken, in seinem Zelt sitzen sah.
Mehr heute Abend…
…oder auch nicht…
Zu viel erlebt und zu wenig Zeit. Es ist jetzt 4:00 Uhr und ich muss morgen früh raus. Hab mich entschieden noch eine nach Nacht zu verlängern und zu der Vortagsreihe über psychedelische Substanzen in der Psychotherapie zu gehen. Hoffentlich finde ich morgen die Zeit, die Lücke des heutigen (mittlerweile gestrigen) Tages nach zu tragen, bevor alles verblasst… Dafür hab ich reichlich neue Impressionen. Tot ziens…
Nachtrag:
Roy liest den Koran, den er von einem Geistlichen geschenkt bekommen hatte, aus Interesse und weil er seinen muslimischen Mitmenschen zum Dank verpflichtet sei. Sie hätten ihn stets respektvoll behandelt und ihm hin und wieder Essen oder Geld gegeben. Er sieht den Koran nicht als religiöses Buch, sondern vielmehr als ein Ratgeber für das zwischenmenschliche Miteinander. Sein Federschmuck besteht aus einem Stirnband, das eine Frau in Peru für ihn genäht hat und neun Federn. Neun sei eine heilige Zahl, da sie Vollkommenheit symbolisiert, erklärte er. Die Federn hättt er von einer Gänsefamilie, die ihre gerade verloren hatte. Er sei auf die Knie gegangenen und hätte um Erlaubnis gefragt die Federn aufzusammeln, was er dann auch tat, ohne dass die Gänse erschreckt gewesen wären. Und so redeten wir noch eine Weile, bevor er mir Duschgel schenkte, das ein anderer Camper da gelassen hatte, von dem er auch sein Zelt „geerbt“ hatte.
Also erstmal duschen und ab in die Stadt. Zuerst bin ich zur Apotheke um die Ecke, Pflaster kaufen und klebte die Zehen ab, die rot waren. Die ersten schmerzfreien Schritte waren ein Segen. Ein Stück weiter kaufte ich einen Apfel und leichten Schrittes, da ohne Rucksack, ging es weiter in Richtung Fähre, um über den Fluss zu kommen. Auf dem Weg dorthin vernahm ich den Geruch von Fisch und holte mir Kibbling spezial – gegrillter Kabeljau mit Remoulade, Zwiebeln und Gurken, was köstlich war.
Ohne bestimmtes Ziel und ohne Karte, ging durch die menschenreichen Straßen Amsterdams mit seinen vielen Brücken. So hatte ich gute 8 Stunden gehend verbracht, bevor ich gegen 18:00 Uhr wieder auf dem Campingplatz ankam und erstmal ne Stunde schlief. Hab dann die drei Deutschen Studenten wieder getroffen und mich, nachdem ich mir ne Frikanel und Kroketten geholt hatte, dazu gesetzt um zu essen. Wir redeten noch ne Weile, bevor sie sich dem Schlafen widmeten. Leider weiß ich nur noch einen Namen…
schreibt mir, wenn ihr das lesen solltet, dann vervollständige ich den Bildtext!
Danach hab ich noch eine Deutsche aus Thüringen, einen Amerikaner aus New York, sowie ein russisches Pärchen aus Moskau kennen gelernt. Beide Männer waren Programmierer, soviel ich weiß. Wir saßen gemeinsam am Feuer und redeten bis in die frühen Morgenstunden über die kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Unterschiede unserer Herkunftsländer. Gegen drei Uhr ging ich schlafen, obwohl ich noch gerne länger in dieser Konstellation geredet hätte.
Wegen der schlechten Lichtverhältnisse, wären Bilder nichts geworden – das letzte war schon grenzwertig belichtet.
Traum von Amsterdam
Gegen 13:30 Uhr bin ich auf die Stadtautobahn zu einer Tankstelle und hab mir ein Stück Karton und einen Edding geben lassen. Dann hieß es erstmal stehen und grinsen. Obwohl sehr viel Verkehr war, dauerte es bis 15:00 Uhr, ehe jemand anhielt.
Endlich hat einer gehalten, ein Holländer, etwa in meinem Alter. Er meinte, dass ich hier schlecht stehe und dass er mich an die Nordseite fährt, wo meine Chancen besser seien. Wir redeten über holländische Geschichte und Flüchtlingspolitik… Dabei waren wir so ins Gespräch vertieft, dass er die Ausfahrt verpasste und mich bis hinter Den Haag, etwa 20 min vor Amsterdam absetzte. Er wollte kein Bild machen und sein Name soll auch ungenannt bleiben.
Die Autobahn, auf der wir fuhren, wurde erst kürzlich gebaut und ist von hohen Mauern umgeben. So sollen die wenigen Grünflächen, die Holland noch hat, vom Verkehrslärm geschützt werden. Wegen der geringen Fläche, wurde das Land schon mehrfach platt gemacht und wieder aufgeforstet. Was nicht Beton ist, ist Ackerland. So findet man im Norden kilometerlange Anbaugebiete – Feld an Feld an Feld. Einer, der mal dort wohnte, sagte, dass man dort erst in 25 km den nächsten Nachbar hat.
An der Tanke war ich nur knapp 10 min, als ein Geländewagen hielt. Jelles, der Fahrer, ist leitender Angestellter einer privaten Rentenkasse, war sehr aufgeschlossen und wir sprachen über Unternehmenspolitik und den Wandel der Gesellschaft.
In Amsterdam angekommen, hab ich mir zwei Bananen gekauft und bin in den Stadtkern gelaufen – eine beeindruckende Stadt. Jedes zweite Haus wäre ein Bild wert. Die Geschwindigkeit der Menschen hier scheint übertaktet; die Leute, die Autos, die Fahrräder – alles eilt wild um einen herum. Nur die Touristen mit ihren Stadtplänen erscheinen einem wie ein Stilbruch dieses Bildes. Die Bananen haben nicht lange gehalten und so bin ich an eine Frittenbude, an der eine lange Schlange und ein Absperrband war. Die Fritten müssen aber außergewöhnlich gut sein, dachte ich und so war es auch – vielleicht auch deshalb, weil ich lange kein Fett zu mir genommen hatte. Auf der Markise über dem Imbiss saßen zwei Tauben, die angestrengt den Boden beobachteten – die wohl glücklichsten Tauben der Welt. Nachdem ich gegessen hatte, bin ich in den nächsten Starbucks eingekehrt. Da dort keine freien Tische mehr waren, hab ich einen Mann angesprochen, ob ich mich dazu setzen könne. Wir kamen ins Gespräch und so stellte sich raus, dass er aus Landau kommt! Wie klein die Welt doch ist… Er war mit seiner Frau hier in Urlaub und wir haben lange geredet, natürlich auf pfälzisch (how funny). Bin danach weiter in eine Richtung durch die Stadt und hab einen jungen, rauchenden Verkäufer vor einem Laden gefragt, wo ich einen Campingplatz finde. Er war so nett, hat gegoogelt und mir die entsprechenden Bus-Linien genannt.
Also auf zur Central Station zu den Bussen. Als ich eine zutreffende Nummer auf einem Bus erspähte, musste ich rennen um ihn zu erwischen. Der Fahrer, ein Klon von Bob Marley, bemerkte, dass hier nur ein Ausstieg sei, er mich aber dennoch mitnehme und bescheid gibt, wenn ich aussteigen müsse. Ich setzte mich direkt hinter ihn und so konnte ich die einsteigenden Passagiere beobachten. Die Einheimischen haben eine Karte, die sie vor ein Lesegerät halten, das dann piepst. Bereits beim Eintreten, wenn sie erkennen, wer der Fahrer ist, gehen ausnahmslos alle Mundwinkel nach oben, als freuten sie sich, dass er sie heute befördert. Alle grüßen freundlich, einer gab ihm sogar eine Faust. Ein Mann, der die Laune der Leute nach einem anstrengenden Tag anzuheben weiß, kam mir in den Sinn.
An der Haltestelle angekommen schaute ich mich kurz um und bin in Richtung grün marschiert, in Erwartung dort den Campingplatz zu finden. Dort angekommen sah ich viele Leute, die grillen und reich aufgetischt hatten. Also bin ich auf sie zu und fragte, ob ich hier richtig sei. „You’re almost there,“ entgegnete einer. Wie sich heraus stellte, war das eine Feier des Jugendfußballs. Mir wurden Würstchen und Wein angeboten und so plauderten wir, bevor ich mich dankend verabschiedete, umkehrte und gesättigt in Richtung des richtigen Campingplatzes weiterzog.
Hab für zwei Nächte eingecheckt, mein Zelt aufgebaut und sofort Anschluss gefunden. Viele Studenten sind wegen eines Vortrags, über psychedelische Vorgänge im Gehirn, da. Als alle schlafen gingen, hab ich einen älteren Mann angesprochen, der obdachlos ist. Wir haben uns lange über den Staat unterhalten. Ron sollte sich als die interessanteste Begegnung, die ich bis dahin hatte, herausstellen – morgen mehr dazu…
Als auch er schlafen ging, bin ich auf die letzten, die noch wach waren, zugegangen. Drei Studenten, Deutsche, die auch wegen des Vortrags hier waren. Nach einem weiteren langen Gespräch über ihr Studienfeld sind wir dann schließlich alle schlafen gegangen.
Owl the World!
Über Belgien nach Holland
Aufgewacht gegen 7:00, leichter Nieselregen. Kaum das Zelt zusammen gepackt, Platzregen. Durch den Wald zur Raststätte – umzäunt! Rucksack rüber geworfen und hinterher gesprungen. Zähne putzen und auf zu den parkenden LKWs. Die, die mich verstanden haben meinten, sie dürfen aus versicherungsrechtlichen Gründen keinen mitnehmen – die anderen schüttelten nur den Kopf. Nach zwei Stunden vor den Toiletten stehen und fragen, ob jemand eine Reisebegleitung braucht, hatte ich endlich Glück. Ein Außendienstmitarbeiter eines Unternehmens für Anlagentechnik (hab vergessen nach dem Namen zu fragen…) hatte sich erbarmt, mich nach Antwerpen mitnehmen, obwohl mein Rucksack nur mit Mühe Platz fand. Er meinte übrigens, dass es nicht überall so ist (siehe)…
Bin dann in die Altstadt gelaufen, Impressionen sammeln. An einer Dönerbude hab ich mir einen Durum geholt, meinen Akku aufgeladen und bin rumgelaufen. Kurz Mittagsschlaf im Park und den Akku wieder abgeholt.
Am Bahnhof ist ein Starbucks mit offenem WLAN und Steckdosen – Blog pflegen und Zweitakku laden. Es ist jetzt schon 18:00 Uhr. Ich solle langsam los, wenn ich noch vor der Dunkelheit in Amsterdam sein will. Später schreib ich weiter…
…bin dann zur Stadtautobahn, die ringförmig um dieStadt verläuft, gelaufen. Dort hab ich einen Mann in Latzhose angesprochen – ein Fernfahrer aus Tunesien, der gut französisch sprach. Er hat mich ein Stück begleitet und er fragte, was der Beweggrund meiner Reise sei. Als ich ihm erzählte, dass ich (unter anderem… siehe) Abstand von Konsum und Geld nehme, erzählte er mir seine Geschichte. Wie er seine Frau von Tunesien nach Belgien geholt hat, die dann, nachdem sie von den Gesetzen dort erfuhr, prompt die Scheidung eingereicht hat. Nun darf er seine drei Kinder nur sonntags sehen und verliert sein Haus, wofür er sein Leben lang gearbeitet hat. Was bringt es einem immer zu schuften, wenn am Ende doch nichts bleibt, so er. Er zeigte mir dann den Weg zur richtigen Ausfahrt nach Holland und wir trennen uns. Aufs Selfi hab ich verzichtet, weil er wirklich nicht guter Laune mehr war.
An der Ausfahrt zur Autobahn hab ich keine 10 min gestanden und bereits drei PKWs haben gehalten. Hier in Belgien haben alle Ausfahrten einen Haltestreifen, was perfekt für Tramper ist.
So kam ich dann mit Martin bis nach Bredabaan, ein Vorort von Antwerpen. Dort war leider wenig Verkehr, so musste ich einige Zeit stehen, bis David schließlich anhielt.
David ist Holländer und hat eine deutsche Mutter. Wir haben uns übers Campen unterhalten, da er das auch hin und wieder mit seinen Freunden tut. Er hat mich dann ein paar Ausfahrten weiter in Merksem abgesetzt.
Auch dort war verkehrsmäßig nicht viel los. Doch irgendwann hat Luciano gehalten und mich zur nächsten Raststätte gefahren. Selfi wollte er keins machen – muss man respektieren.
So hab ich wieder Tankende angesprochen und hatte nach kurzer Zeit wieder Glück. Ein Kleinwagen voller Pakistanis wollte mich bis Rotterdam mitnehmen. Also quetschte ich meinen Rucksack in den winzigen Kofferraum, in dem schon zwei Koffer waren und mich in das nun randvolle Auto. Der Fahrer sprach gut deutsch und übersetzte für die anderen. Als ich ihm, auf die Frage, wo ich hin wolle, mitteilte, dass ich einen Campingplatz suche um zu duschen, setzte er mich in Rotterdam an einer Turnhalle ab, wo Freunde von ihm trainieren. So hatte ich meine erste warme Dusche, zwar ohne Seife, aber ausreichend.
Bis dahin war es bereits fast 23:00 Uhr und ich schlenderte durch die fast menschenleeren Straßen des nächtlichen Rotterdams, als ich an einer urigen kleinen Kneipe vorbei kam und einkehrte. Kein WLAN, aber ein sympathischer Wirt und nette Leute im mittleren Alter. Hab mich an die Bar neben Ben gesetzt, der mir hilfreiche Informationen gab. Wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten, bis zum Zapfenstreich (1:00 Uhr).
Da die Campingplätze lange schon die Türen geschlossen hatten, bin ich, Bens Tipp gemäß, in den naheliegenden Stadtpark. Dort konnt ich unbemerkt mein Zelt aufbauen und schlief bis 9:00 Uhr.
Am nächsten Morgen bin ich dann in dein Shopping Center, das freies WLAN hat, um zu frühstücken und das hier zu schreiben. Jetzt ist 12:30 Uhr und ich werde mir noch ein wenig die Stadt ansehen, bevor es weiter nach Amsterdam geht.
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Leaving Frankfurt
In Frankfurt hab mich, am frühen Nachmittag, vor eine Ampel gestellt und wurde von Jan bis nach Kalbach, einem Vorort, mitgenommen. Wir haben uns nett unterhalten und schließlich hat er mich an einer autobahnnahen Tankstelle abgesetzt.
An der Tankstelle hatte ich kein Glück. Nach einer guten Stunde Leute anlabern, hab ich aufgegeben und bin an die Autobahn-Ausfahrt gelaufen. Witzigerweise ist ist mir dabei Jan wieder entgegen gekommen, hat kurz gehalten und gefragt, ob mich immer noch keiner mitgenommen hätte. „Nein, ich versuche es doch an der Ausfahrt“, entgegnete ich und wir verabschiedeten uns. Diese Ausfahrt hatte er mir zuvor bereits gezeigt, doch ich hatte mich, in der Annahme dort mehr Chancen zu haben, für die Tankstelle entschieden.
Die Ausfahrt bot nur wenig Spielraum zum Halten und allmählich fragte ich mich, ob ich nicht doch besser an der Tanke geblieben wäre, als ein Kleintransporter anhielt und mich aufsammelte. Charlie, der Fahrer, war von meiner Idee begeistert und so sprach ich von 1&1 und der Philosophie des Molochs.
Kurz darauf waren wir auch schon in Höchst, wo ich an einer Raststätte Ausstieg. Wieder ne Tankstelle…, aber diesmal mit eindeutiger Richtung.
Von dort wurde ich von Thomas mitgenommen, der, als ehrenamtlicher Flüchtlingshelfer, für hoch interessanten Gesprächsstoff sorgte. Wegen eines Unfalls auf der A3 nahmen wir eine alternative Route, wo jedoch so zäher Verkehr war, dass die Autobahn wohl schneller gewesen wäre.
Glück für mich, denn so hab ich Oliver, einen selbstständigen IT-Berater, kennen gelernt, dessen Navi ihn auch so geführt hatte. An der Autobahn-Ausfahrt Richtung Köln musste ich so kaum auf den nächsten Anschluss warten. Wir sprachen über Politik, Wirtschaft, Bildung usw. Kurz vor Köln haben wir Rast gemacht und ich entschied mich weiter Richtung Venlo mitzufahren.
So bin ich an einer Raststätte gelandet, wo viele LKWs sind. Da die Sonne schon recht tief stand, bin ich von der Autobahn runter in den nächsten Ort gelaufen.
Habe mir dort auf einem Schild die Bergbau-Geschichte des Dorfes durchgelesen und bin dann in den naheliegenden Wald, um mein Nachtlager aufzuschlagen. Wie so oft, wenn man einen schönen Platz gefunden hat, ist nebenan ein Hochsitz. Also weiter durch hohes Gras bis zu einer günstigeren Stelle. Im Zelt erstmal Inspektion und nach der zwanzigsten Zecke, die zwischen meinen Daumennägeln knackt, wurd es mir zu blöd. Die sollen die Nacht über ruhig noch etwas trinken. Morgen bei Tageslicht krieg ich euch!
Gooooood morning Frankfurt
Nach einem feucht fröhlichen Aufenthalt bei meiner Freundin Aranka, verlasse ich nun wieder die Stadt des Geldes.
Ready, set, go!
Der Startschuss ist gefallen, die Reise beginnt!
Mein Vater fährt mich zu meiner ersten Etappe. Haben unterwegs noch eine kleine Rolle Nylonseil und Batterien gekauft.
Erster Zwischenstop ist Heidelberg, Familie besuchen. Danach geht’s weiter nach Frankfurt, wo ich die Nacht bei einer Freundin verbringen werde.
Ab morgen beginnt dann endlich der ungeplante Part, wo zustande kommen und Ausgang der Ereignisse ungewiss sind.
Soziologischer Hintergrund
Als Arbeitssuchender wird man ja sehr schnell stigmatisiert. Vorwiegend von jener Bevölkerungsgruppe, die das Attribut „Oberflächlichkeit“ für sich beansprucht. So soll am Berufsstand eines Menschen sein Status gemessen werden – sein Platz in der Hierarchie der Gesellschaft. Nennt mich vermessen, doch ich bin der Meinung, dass diese Sichtweise überaus kurzsichtig und eindimensional ist.
Lassen wir uns doch dazu mal auf ein Gedankenexperiment ein:
Wenn wir der Berufswahl voraussetzen, dass der Beweggrund für diese, vorausgesetzt, dass die geistigen Kapazitäten zur Realisierung gegeben sind, das Erreichen des Idealbildes der eigenen Person innerhalb der Gesellschaft ist, zeigt sich, dass die Persönlichkeit maßgeblich zu dem Ergebnis beiträgt.
Angenommen ein Kind, ohne Erfahrungen in Konfliktbewältigung, wird zu Schulzeiten gehänselt und entwickelt eine antisoziale Haltung zur Gesellschaft – wünscht sich, das erfahrene Unrecht umzukehren. Berufswunsch: Polizist. Ein ehrenwerter Beruf, bei dem man zu einem aufschaut. Da kann das kleine Ego schön zurückschlagen und anwachsen.
Sollte man diese Person für ihren gesellschaftlichen Rang respektieren? Ist der Beweggrund für die Wahl des Berufes egal?
Oder nehmen wir einen egozentrierten, aggressiven, vor Eitelkeit und Selbstüberschätzung strotzenden Erfolgstypen. Im Alltag ein Rüpel, in der Schule ein Schläger, doch stets mit ausreichender Hinterlist und Manipulationsvermögen, um ungeschoren davon zu kommen. Ziel ist Macht und Status, Berufswunsch: Manager. Leute kommandieren, Ego streicheln, Mammon anbeten.
„Oh, welch ein erfolgreicher Mann.“ , „Das ist ja ein toller Typ.“ … ich kotz!
Man will uns weiß machen, dass Macht und Status etwas Gutes ist. Aber ist das so? Ist Konkurrenz wichtig für den Markt? Müssen wir uns Vorteile erkämpfen? Ist die Niederlage des Anderen ein Sieg für uns?
Ältere Generationen haben dieses Bewusstsein im Regelfall tief verinnerlicht. Die Gründe dafür liegen in den Umständen der damaligen Zeit. Noch bis in die Neunziger war das Konzept des Wachstums das vorherrschende. Die Wirtschaft muss stetig wachsen, um Wohlstand zu erwirtschaften. Dass exponetielles Wachstum in einem endlichen System utopisch ist, will sich keiner der Akteure so richtig eingestehen. Diese Denkweise führte uns unter anderem in die Wirtschaftskrise von 2004. Irgendwann hat das Wachstum seine Obergrenze erreicht und wenn man versucht diese Grenze nach hinten zu verschieben, kollabiert das System – ein natürlicher Vorgang des Ausgleichs. Doch die Auswirkungen sind viel weitreichender. Aktuell kann man beobachten, wie die Verfechter dieses Irrglaubens versuchen, ihn künstlich am Leben zu halten – seine Lebensdauer zu verlängern. Mit TTIP erwartet uns ein Abkommen mit Wachstumserwartungen im Promille-Bereich, was sich in der Summe zwar nach viel anhört, aber absolut lächerlich ist, wenn man bedenkt, welche Folgeschäden dadurch entstehen.
Dennoch hält sich das Konzept der Leistungsgesellschaft, die von Politik gestützt (denn: Spenden, Gehaltslisten, Aufsichtsratsplätze, Beraterfunktionen in Kabinetten…) und Großunternehmern hemmungslos ausgenutzt wird. So erhalten Manager das zehntausendfache Entgelt eines Arbeiters dafür, dass sie Risikospekulationen in den Sand setzen und dann trotzdem Bonuszahlungen erhalten, die dann, am Fiskus vorbei, nach Panama fließen. Wo ist die Körperschaftssteuer, wo die Kapitalertragssteuer, wo die Erbschaftssteuer? Von wegen Firmen wandern dann ins Ausland ab – das Geld wird immer am Staat vorbeigelenkt, egal wie zuvorkommend die Politik den Unternehmen gegenüber ist. Gleichzeitig werden Arbeitnehmerrechte beschnitten, Kurzarbeit, Mindestlohn, Entlassungen, usw. Das Frontlinien-Fußvolk der Arbeiter muss immer mehr Aufgaben in immer kürzerer Zeit erledigen – natürlich ohne Zuschläge. Lange Befehlsketten, strenge Hierarchiestrukturen, massenhaft Kontrollorgane, Einschüchterungstaktiken, Abzocker-Tarifverträge, im Keim erstickte Mitbestimmungsrechte – das ist die traurige Realität der Konzerne.
Das kann nicht unsere Zukunft sein! Das ist ein überholtes, altmodisches Modell, das in der heutigen Zeit keinerlei Daseinsberechtigung mehr hat – ein Modell, das es zu ersetzen gilt. Das ist die Aufgabe und die Verpflichtung eines jeden Menschen, der auch nur einen Funken an gesundem Menschenverstand und Humanität besitzt.
Wenn ich mit älteren Leuten darüber rede, sagt man mir: „Das ist überall so.“.
Aber ich glaube das nicht! Ich kann das nicht akzeptieren und werde beweisen, dass es nicht so ist. Integrität ist stärker als Gier!
Und deshalb ist meine Reise auch eine Suche nach alternativen Modellen…
Gästebuch
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