Traum von Amsterdam

20160602_182755

Gegen 13:30 Uhr bin ich auf die Stadtautobahn zu einer Tankstelle und hab mir ein Stück Karton und einen Edding geben lassen. Dann hieß es erstmal stehen und grinsen. Obwohl sehr viel Verkehr war, dauerte es bis 15:00 Uhr, ehe jemand anhielt.

Endlich hat einer gehalten, ein Holländer, etwa in meinem Alter. Er meinte, dass ich hier schlecht stehe und dass er mich an die Nordseite fährt, wo meine Chancen besser seien. Wir redeten über holländische Geschichte und Flüchtlingspolitik… Dabei waren wir so ins Gespräch vertieft, dass er die Ausfahrt verpasste und mich bis hinter Den Haag, etwa 20 min vor Amsterdam absetzte. Er wollte kein Bild machen und sein Name soll auch ungenannt bleiben.

Die Autobahn, auf der wir fuhren, wurde erst kürzlich gebaut und ist von hohen Mauern umgeben. So sollen die wenigen Grünflächen, die Holland noch hat, vom Verkehrslärm geschützt werden. Wegen der geringen Fläche, wurde das Land schon mehrfach platt gemacht und wieder aufgeforstet. Was nicht Beton ist, ist Ackerland. So findet man im Norden kilometerlange Anbaugebiete – Feld an Feld an Feld. Einer, der mal dort wohnte, sagte, dass man dort erst in 25 km den nächsten Nachbar hat.

An der Tanke war ich nur knapp 10 min, als ein Geländewagen hielt. Jelles, der Fahrer, ist leitender Angestellter einer privaten Rentenkasse, war sehr aufgeschlossen und wir sprachen über Unternehmenspolitik und den Wandel der Gesellschaft.

Jelles und ich
Jelles und ich

In Amsterdam angekommen, hab ich mir zwei Bananen gekauft und bin in den Stadtkern gelaufen – eine beeindruckende Stadt. Jedes zweite Haus wäre ein Bild wert. Die Geschwindigkeit der Menschen hier scheint übertaktet; die Leute, die Autos, die Fahrräder – alles eilt wild um einen herum. Nur die Touristen mit ihren Stadtplänen erscheinen einem wie ein Stilbruch dieses Bildes. Die Bananen haben nicht lange gehalten und so bin ich an eine Frittenbude, an der eine lange Schlange und ein Absperrband war. Die Fritten müssen aber außergewöhnlich gut sein, dachte ich und so war es auch – vielleicht auch deshalb, weil ich lange kein Fett zu mir genommen hatte. Auf der Markise über dem Imbiss saßen zwei Tauben, die angestrengt den Boden beobachteten – die wohl glücklichsten Tauben der Welt. Nachdem ich gegessen hatte, bin ich in den nächsten Starbucks eingekehrt. Da dort keine freien Tische mehr waren, hab ich einen Mann angesprochen, ob ich mich dazu setzen könne. Wir kamen ins Gespräch und so stellte sich raus, dass er aus Landau kommt! Wie klein die Welt doch ist… Er war mit seiner Frau hier in Urlaub und wir haben lange geredet, natürlich auf pfälzisch (how funny). Bin danach weiter in eine Richtung durch die Stadt und hab einen jungen, rauchenden Verkäufer vor einem Laden gefragt, wo ich einen Campingplatz finde. Er war so nett, hat gegoogelt und mir die entsprechenden Bus-Linien genannt.

Also auf zur Central Station zu den Bussen. Als ich eine zutreffende Nummer auf einem Bus erspähte, musste ich rennen um ihn zu erwischen. Der Fahrer, ein Klon von Bob Marley, bemerkte, dass hier nur ein Ausstieg sei, er mich aber dennoch mitnehme und bescheid gibt, wenn ich aussteigen müsse. Ich setzte mich direkt hinter ihn und so konnte ich die einsteigenden Passagiere beobachten. Die Einheimischen haben eine Karte, die sie vor ein Lesegerät halten, das dann piepst. Bereits beim Eintreten, wenn sie erkennen, wer der Fahrer ist, gehen ausnahmslos alle Mundwinkel nach oben, als freuten sie sich, dass er sie heute befördert. Alle grüßen freundlich, einer gab ihm sogar eine Faust. Ein Mann, der die Laune der Leute nach einem anstrengenden Tag anzuheben weiß, kam mir in den Sinn.

An der Haltestelle angekommen schaute ich mich kurz um und bin in Richtung grün marschiert, in Erwartung dort den Campingplatz zu finden. Dort angekommen sah ich viele Leute, die grillen und reich aufgetischt hatten. Also bin ich auf sie zu und fragte, ob ich hier richtig sei. „You’re almost there,“ entgegnete einer. Wie sich heraus stellte, war das eine Feier des Jugendfußballs. Mir wurden Würstchen und Wein angeboten und so plauderten wir, bevor ich mich dankend verabschiedete, umkehrte und gesättigt in Richtung des richtigen Campingplatzes weiterzog.

Hab für zwei Nächte eingecheckt, mein Zelt aufgebaut und sofort Anschluss gefunden. Viele Studenten sind wegen eines Vortrags, über psychedelische Vorgänge im Gehirn, da. Als alle schlafen gingen, hab ich einen älteren Mann angesprochen, der obdachlos ist. Wir haben uns lange über den Staat unterhalten. Ron sollte sich als die interessanteste Begegnung, die ich bis dahin hatte, herausstellen – morgen mehr dazu…

Als auch er schlafen ging, bin ich auf die letzten, die noch wach waren, zugegangen. Drei Studenten, Deutsche, die auch wegen des Vortrags hier waren. Nach einem weiteren langen Gespräch über ihr Studienfeld sind wir dann schließlich alle schlafen gegangen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert