Nächstes Ziel: Rīga

Ein weiterer sonniger Tag brach an, als ich zu einem nahe liegenden Hotel lief, um dort meinen Akku zu laden. Anschließend suchte ich einen Supermarkt auf, holte mir Kaffee und Croissants und setzte mich ins Gras um zu frühstücken. Die Parkanlage ist hübsch angelegt und so schaute ich mir die Pflanzen im japanischen Garten an. Danach baute ich mein Zelt ab und holte meinen Akku, der voll geladen war. Ein kurzes Blogupdate und die Reise geht weiter.

Auf dem Weg in die Stadt kam ich erneut am Supermarkt vorbei, wo man einen Hähnchenschenkel, einen Nudelsalat, ein Schälchen Kartoffeln und ein Stück geschmorte Schwarte zusammen für etwas über 3 € bekommt. Ich setzte mich in einen Park und nahm Nährstoffe für die Weiterteise auf. In einem Blumenladen füllte ich mein Wasser auf, das irgendwie leicht chlorhaltig schmeckte. Eine Ecke weiter war eine Buchhandlung, wo ich endlich einen dicken Filzstift kaufte – 1,29 €. Die Frau an der Kasse gab mir noch ein Stück Pappe und bot mir einen Kaffee an. Normalerweise würde der 1 € kosten, doch sie könne das System austricksen, erklärte sie. Wenn man so viel schleppen muss, wie ich, dann kann man einen Kaffee gut brauchen, sagte sie zum Abschied.

Ich schrieb „Pärnu“ auf mein Schild und ging die entsprechende Straße Richtung Süden entlang. Noch in der Stadt, drehte ich mich um, wenn ich ein Auto hörte und hob Schild und Daumen. Bereits das dritte Auto hielt an und ich war total erstaunt, dass das so schnell ging.

Maija und ihre Mutter Tuula waren aus Finnland angereist um Besorgungen zu machen. So ging ich mit in einen Second-Hand-Laden, wo sie Ausschau nach sowjetischem Porzellan hielten – das sei von besonderer Qualität. Ich kaufte mir dort einen Löffel und eine Gabel für zusammen 20 Cent – guter Deal. Die beiden setzten mich an einer günstigeren Stelle, außerhalb der Stadt, ab.

Tuula und ich
Tuula und ich

Eine Bushaltestelle, mit verlängertem Haltestreifen, sah viel versprechend aus. Ich hob erneut Schild und Daumen und setzte mein Grinsegesicht auf. Doch als nach Stunden nichts passierte, änderte ich meine Taktik. Um mehr Aufmerksamkeit zu erregen bewegte ich das Schild hin und her und hoch und runter. Manchmal ließ ich es zittern, machte kreisende Bewegungen oder dreimal schnell hoch und runter. Ich musste an die Bannerwerbung im Internet denken und machte Geräusche dabei: „summm, iü-iü-iü, wwwwüüü, bingbingbing“, was mein Grinsen stets erneuerte und mich bei Laune hielt – ein riesen Spaß. Doch auch das schien nicht zu wirken. Die Fahrer, vor allem die Frauen, lächelten zwar, doch gehalten hat niemand.

Irgendwann sprach mich ein älterer Mann auf estnisch an. Ich verstand nicht viel, doch er forderte mich auf, mit ihm den Bus zu nehmen. Ich gestikulierte, dass ich kein Bargeld hätte, doch er winkte ab und zeigte auf meinen Rucksack und dass ich ihn aufziehen solle, was ich dann auch tat. Ich wollte ihm eine Zigarette anbieten, doch er lehnte ab und dann kam auch schon der Bus. Der Busfahrer öffnete die hintere Tür und ich fuhr, wie selbstverständlich, schwarz mit. Nach etwa 8 Stationen winkte er zu mir rüber, dass ich aussteigen solle und stieg mit aus. Er zeigte in die Richtung, wo ich hin müsse und verabschiedete sich.

Eigentlich ein wesentlich besserer Ort: Ampel, Haltebucht, Tankstelle und ordentlich Verkehr. An der Ampel: keine Chance – zu kurzes Grün. An der Tanke: günstigere Voraussetzungen, doch irgendwie trotzdem verdammt schwer…

Nun sind schon über 5 Stunden vergangen, seit ich in Tallinn startete und bin erst hier. Wenn das so weitergeht, brauch ich seeehr lange, bis ich in Rīga bin…

Die Sonne ging bereits unter und so wollte ich nach einem Nachtlager Ausschau halten. So setzte ich meinen Rucksack wieder auf und zur lief Tankstelle. Auf dem Weg zum Eingang sprach ich noch ein paar Tankende an und damit auch Mairis, der lächelnd angab, auf dem Weg nach Pärnu zu sein. Ich holte mir, wie auch er, einen Kaffee und erfuhr dabei, dass Rīga sein tatsächliches Ziel ist. Mairis ist im Verkauf tätig und viel geschäftlich unterwegs. So hatten wir, die ganze Fahrt über, interessante und vielschichtige Gespräche. Wir sprachen über die Zeit der Sowjetunion, sowie die Auswirkungen ihres Zusammenbruchs, Eigenheiten der verschiedenen Sprachen, seine vier Kinder, Unterschiede zwischen Stadt- und Landleben und und und. Ich lernte auch, dass es in Lettland einen Apostrophen gibt, der mir unbekannt war. So schreibt man „Rīga“, wobei das i lang gesprochen wird.

Mairis und ich
Mairis und ich

Als wir Rīga dann erreichten, ließ mich Mairis in Zentrumsnähe raus und zeigte mir drei Stadtparks und einen McDonalds. Ich bloggte zunächst und suchte danach einen Schlafplatz.

Die Parks waren alle ungeeignet – zu hell beleuchtet, zu übersichtlich zu stark frequentiert. So ging ich zurück zum McDonalds um in Goolge nach weiteren Grünflächen zu suchen. Ich sah mehrere davon, die jedoch weit weg vom Zentrum zu sein schienen. So sprach ich Maria an, die in der Schlange des Nachtschalters stand, ob sie wüsste, wie ich am besten dort hin komme, bzw. ob sie einen besseren Ort kenne. Sie überlegte und kam auf einen Ort, in dessen Richtung sie auch musste und wollte mich ein Stück dorthin begleiten. Nach einer Weile bot sie an, dass ich bei ihr übernachten könne, was ich dankend annahm. Sie rief ein Taxi, da der Weg für die späte Stunde, in der wir uns befanden, zu beschwerlich gewesen wäre. Im Taxi beobachtete ich den Zähler und war erstaunt, dass der Betrag in Cent-Schritten und relaliv langsam anstieg. Bei ihr zuhause bot sie mir ihr Bett an und schlief selbst in einem anderen Zimmer. Ich schlief so gut, wie seit langem nicht mehr.

3 Gedanken zu „Nächstes Ziel: Rīga“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert