Ein neuer Tag in Hamburg

Um 7:30 Uhr stand ich auf und wollte Geld für Zigaretten wechseln – noch eine halbe Stunde bis zur Öffnung der Pforten. Da die Tür einen Spalt offen stand, versuchte ich trotzdem mein Glück. Die Kasse war noch nicht soweit, doch die freundliche Frau bot an, ich könne mir eine drehen. Um eine symbolische Geste der Dankbarkeit zurück zu geben, half ich, die Kerzen auf den Tischen zu verteilen. Ich besorgte mir Frühstück und aß im Innenraum, als ein Mann mittleren Alters auf mich zukam und fragte, ob er sich zu mir an den Tisch setzen dürfe. Selbstverständlich hieß ich ihn willkommen, da ich mich in seiner Vorgehensweise wiederfand. Er wohnt in Bayern, ist mit dem Rad unterwegs und fährt von Prag, die Elbe entlang, bis nach Cuxhaven. Nachdem ich aufgegessen hatte, setzten wir uns nach draußen, wo noch weitere Abreisende verweilten. So kam ich mit Anna und Ines aus Ostdeutschland, ebenfalls Radfahrer, ins Gespräch. Eine sehr herzliche und bewegende Begegnung, die mich in meiner Reiseentscheidung bestärkte.

Von links: Anna und Ines
Von links: Anna und Ines

Der Himmel war von Weis- und Grautönen durchsetzt und die Temperatur mäßig. Eigentlich perfekt um in der Stadt herum zu laufen, ohne ständig Flüssigkeit über die Haut zu verlieren. Da ich gestern nur einen winzigen Teil Hamburgs sehen konnte und abends keine Lust mehr auf die Reeperbahn hatte, entschied ich noch eine Nacht zu verlängern. Somit werde ich mir den Stadtteil „Blankenese“ ansehen, der besonders schön sein soll. Fortsetzung folgt…


Gegen 11:00 Uhr verließ ich den Campingplatz um, am Elbstrand entlang, nach Blankenese zu laufen. Ein großes Schild, das neben einer Treppe stand, kündigte einen römischen Garten an und ich stieg die Stufen empor. Am anderen Ende sah ich eine weitere Treppe, die über eine kleine Brücke, an einigen Privatgrundstücken vorbei, zu einer Gabelung führte. Ein betonierter Weg, der vor einer Villa endete, führte nach unten. Ich entschied mich für den steigenden Waldweg und sah, von da an, weder Mensch, noch Haus; als wäre ich durch ein Portal gelaufen, das mich aus der Zivilisation heraus transportiert. An einer Bank lauschte ich kurz den Vögeln zu und lief dann, den nun wieder herab führenden Weg, weiter.

Als ich wieder auf eine Straße stieß, folgte ich weiterhin den steigenden Wegen, in Erwartung einen Ausblick zu finden. Diesen fand ich dann auf der Terrasse eines 5-Sterne Hauses, dem Süllberg. Danach schlenderte ich durch die verwinkelten Gassen, die, zu einem nicht unerheblichen Teil, aus Treppen bestehen. Bald traf ich einen Künstler, der gerade aus seinem Atelier kam. Ich sprach ihn an, wie schön er es hier doch habe, erzählte ihm, was ich bereits gesehen hatte und fragte, ob er nicht vielleicht einen Geheimtipp für mich hätte. Der Süllberg, wo ich zuvor war, sei damals Eigentum der Stadt gewesen. Das Objekt wurde unter der Voraussetzung verkauft, dass jeder Besucher, auch wenn er kein Hotelgast ist, weiterhin Zutritt zum Turm hat. Dazu genügt es an der Rezeption seinen Personalausweis, als Pfand für den Schlüssel, zu hinterlassen. Witzigerweise hatte der Künstler eine bevorstehende Ausstellung im Römergarten, wo ich gerade herkam und reichte mir einen Handzettel. Dankend verabschiedete ich mich und nahm die nächste Treppe nach oben. An der Rezeption des Hotels erhielt ich den Turmschlüssel, sowie ein freundliches Lächeln und stieg die Wendeltreppe empor. Oben angekommen, war ich von dem Ausblick, der eine Rundumsicht über das gesamte Viertel und weit über die Elbe bot, überwältigt – wahrlich ein Geheimtipp, der sich gelohnt hat.

Anschließend lief ich zum Marktplatz und holte mir zwei Fischbrötchen, weil ich mich nicht entscheiden konnte – Matjes und Hering. Die nette Verkäuferin, die wohl südamerikanischer Abstammung sein musste, hat mir sogar 2 € des Preises erlassen, nachdem ich ihr meine Geschichte erzählt hatte. Danach lief ich wieder gestärkt weiter durch das Treppenviertel Blankeneses und in einen Rewe, um mir Wasser, einen Smoothie, Handyaufladung und die neue enorm zu kaufen.

Da ich dort am Verkehrsknotenpunkt war, nahm ich den nächsten Bus zum Campingplatz, lud die Sachen ab und lief wieder zu Haltestelle, um am Knotenpunkt mit der S-Bahn zu den Landungsbrücken zu fahren. Dort sah man die Queen Mary 2, die momentan repariert wird, was noch etwa zwei Wochen dauern soll. Dann zu Fuß, ein Stück weiter, an der Elbphilharmonie vorbei, zur Lagerstadt und zurück mit der U-Bahn zur Reeperbahn.

Kaum bin ich dort ziellos durch die beleuchteten Straßen gelaufen, wollten alle Frauen Sex mit mir. Das war zwar schmeichelhaft, doch mich hatte eher interessiert, wo ich Labskaus essen könnte. Diese Information wollten die aufdringlichen Damen mir nicht geben. „Das willst du eh nicht essen. Komm lieber ein halbes Stündchen mit mir mit“, sagte eine. Aber ich hatte Hunger und so hab ich die Männer mit den Handschellen und den neon-gelben Jacken gefragt. Bessere Wahl! Ich bekam eine Empfehlung für ein Restaurant, das 10 Fußminuten entfernt war und eine unmissverständliche Wegbeschreibung. So macht man das! Also nichts wie hin. Zwar habe ich damit mein Tagesbudget für Essen um ein vielfaches überschritten, doch der originale Hamburger Labskaus war es mir in dem Moment wert. Auf dem Rückweg kam ich erneut durch den Kiez, doch lange hab ich es nicht ausgehalten. Außerdem war schon bald 0:00 und die Busse fahren nur bis kurz nach eins. Also zurück nach „Hause“, wo ich keinen mehr antraf und fleißig bloggte.

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