Homo Ecos part 9

Krišjānis kam gegen zehn und wir tranken Kaffee im Iglu. Eine Stunde später kam Boris von Homo Ecos und wir suchten nach verlassen Hütten, von denen es hier reichlich gibt. Wir entfernten die Dachpappe und brachten sie zu Krišjānis, der die Reifen ausrichtete. Die Dachpappe kommt auf die Reifen und dient als Feuchtigkeitsschutz für die Paletten, die darüber sein werden.

Als nächstes suchten wir nach Stützbalken und einer Tür – Recycling im wahrsten Sinne des Wortes. Nach mehreren Erkundungstouren, hatten wir zwei Türen, Dämmwolle, einige Stützbalken und reichlich Presskartonplatten gesammelt und entferten die Nägel, die auch wieder verwendet werden.

Am Nachmittag kamen weitere Helfer. Einer stopfte Stroh in die Paletten und der andere entfernte die morschen Stellen der Bretter.

Am Abend gingen wir in die Stadt um uns das neue Objekt von „Free Rīga“ anzusehen.


Free Rīga ist eine Organisation, die leer stehende, renovierungsbedürftige Häuser anmietet um diese wieder herzurichten. Die „Mieter“ können kostenlos wohnen, dafür, dass sie beim renovieren mithelfen. 


Das Hoftor war abgeschlossen und so schauten wir uns das Haus von außen an, als eine Frau aus der Tür kam. Krišjānis sprach sie auf lettisch an. Sie antwortete auf englisch und bat uns herein.

Drinnen saßen zwei Männer, die sichtlich überrascht von dem unangekündigten Besuch schienen. Einer hielt einen Baseballschläger, den er unablässig polierte – auf dem Boden lagen zehn weitere. Wir unterhielten uns – vorwiegend Krišjānis und auf lettisch, weshalb ich dem Gespräch nicht folgen konnte. So sprach ich die Frau neben mir an, wo sie herkomme und sie antwortete, dass sie aus Deutschland sei. Ich musste laut lachen und sagte dabei: „No way! Germans are everywhere!“.

Plötzlich änderte sich die Stimmung schlagartig. Der Baseballtyp wurde nervös und aufbrausend. Mit geöffnetem Mund beobachtete ich die seltsame Wendung der Situation, ohne wirklich zu verstehen, was gerade abging. Nach einigem hin und her, drehte sich Krišjānis zu mir um und erklärte, wir seien zu laut und das störe die filigrane Arbeit, die der andere zu verrichten habe. Erstaunt über diesen banalen Grund, entgegnete ich, das ich verstanden hätte – Lautstärke ist also von großer Wichtigkeit. Daraufhin stand der schlecht gelaunte Baseballfreak auf und wurde selbst lauter – ein gutes Beispiel für seine eigenen Werte. Obwohl ich seine Worte nicht verstand, empfing ich die Essenz seiner Botschaft und zog meine Jacke an. Grinsend verabschiedete ich mich von den anderen beiden, die der Situation teilnahmslos zusahen und verließ das Haus wieder.

Anschließend besuchten wir noch drei Kneipen und ich nahm am frühen Morgen ein Taxi zurück.


Wie ich später erfuhr, fertigt der Typ für jeden Hausbewohner einen Baseballschläger an, damit dieser sich gegen die Junkies, die dort herumlungern, verteidigen kann. Vielleicht doch kein so interessantes Objekt, vor diesem Hintergrund. Das war vielleicht auch der Grund für seine Überreaktion, deren Ursache sehr wahrscheinlich Angst war.


 

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