Jein

Die Sonne schien von der Seite in mein Zelt – ein Zeichen, dass der Nachmittag bereits angebrochen war. Ich stand auf und trank Kaffee. Als ich meinen Zweitakku einsetzte, erhielt ich eine SMS von Krišjanis, der Hilfe beim Hausbau benötigt. Ich sagte noch nicht zu und ging spazieren um nachzudenken.


Es standen zwei Möglichkeiten zur Auswahl: Entweder ich besorge mir ein Rad und treffe die Leute von Ecotopia wieder, oder ich helfe Krišjanis mit seinem Ökohaus.

Zum Zahnarzt kann ich entweder in einer Woche, oder in einem Monat – ich muss nur anrufen und bescheid geben.

Irgendetwas zieht mich zu den Radfahrern – ich fühle mich dort wohl und mir gefällt die Philosophie von Ecotopia. Andererseits möchte ich Krisjanis nicht enttäuschen. 

Die Strecke nach Tallinn ist zwar das Gegenteil von Süden, wo ich eigentlich hin will, doch wäre es mir das wert – auch wenn ich danach alleine zurück nach Rīga müsste. Doch ich verliere Zeit bei meiner Flucht vor der Kälte, die, mit leisen Schritten, immer näher rückt…


Soll ichs wirklich machen, oder lass ichs lieber sein…

Es war ein klassischer Herz-Verstand-Konflikt. Mein Herz sagte: „Tu es!“ und mein Verstand: „Bist du bescheuert?“. An der Tankstelle holte ich mir Croissants für den Rückweg. Beim Kauen, stellte ich fest, dass der Zahn, der am Vortag behandelt wurde, schmerzte.

Ich sprach mit Juris und erfuhr, dass hier bald eine Closing Party stattfinden wird, zu der alle Helfer eingeladen seien. Außerdem stehen noch wichtige Bauprojekte an, die vor der kalten Zeit fertig werden sollten – eine Sauna, gekoppelt mit einer heißen Dusche, sowie ein tiefer gelegter Lagerraum für Lebensmittel. Außerdem musste die Oberfläche der Bühne, vor dem nächsten Regen, versiegelt werden – von der Reparatur der Bambuskonstruktion ganz zu schweigen.

Es wäre egoistisch, meinem Vergnügen nach zu jagen und meine Gastgeber im Regen stehen zu lassen. Ich sollte Solidarität zeigen und hier bleiben. Es sind einfach zu wenig Leute hier, die wirklich anpacken…

So fing ich damit an, den Zaun zu errichten, der dem Saunabereich Sichtschutz bieten wird. Ich konnte nicht weiter machen, weil die Maße nicht aufgingen und ich nichts falsch machen wollte. Bahvani kochte mir Abendessen und als Juris zurück kam, vertagten wir die Aktion auf den nächsten Tag, da es schon dunkel war.

Ich saß noch eine Weile am Feuer und ging dann schlafen.

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